Von Matthias Bosenick (14.02.2014)
Hörgewohnheiten können eine entlarvende Sache sein: Für den einen ist die Musik von Bohren & der Club Of Gore das Deprimierendeste, Finsterste, Langsamste oder bestenfalls Langweiligste, was er je gehört hat, für den anderen ist es nette Begeleitunterhaltung oder die weltbeste Entspannungsmusik. Wer sich bereits ausgiebig in das Oeuvre der Mülheimer hineingehört hat, wird sich über „Piano Nights“ freuen, denn es ist ein munterer Freund in allen Lebenslagen, ideal für Frühstück, Fiesta, Feierabend. Düster geht jedenfalls anders.
Denn Bohren unterlassen es, ihre Melodien etwa in aus Horrorfilmen bekannte Akkorde kippen zu lassen, die Unwohlsein erzeugen. Angelo Badalamenti beispielsweise komponiert denkbar gruseliger. Auch lassen sie ihre Instrumente keine nervenden Störgeräusche erzeugen oder in kakophonische Dissonanzen abrauschen. Und Moll allein macht noch keinen Horror, Langsamkeit auch nicht: Bohren wissen die Lücken zwischen den spärlichen Beats zu füllen, dafür haben sie ein ganzes Arsenal an Instrumenten zur Verfügung (von Saxophon über alle möglichen Tasteninstrumente wie Orgel, Mellotron und Vibraphon sowie Gitarre, Bass und Schlagzeug bis hin zum titelgebenden Piano) und scheuen sich auch nicht davor, die so einzusetzen, dass sie filigrane und schnörkelige Melodien absondern. Hat sich also was mit Langsamkeit, es tiriliert bisweilen einigermaßen flott vor sich hin.
Aufgeräumt ist der Sound, klar, direkt, frisch. Man hat auch nicht das Gefühl, die Band würde irgendetwas Abscheuliches hinter den Stücken verstecken. Und so kommt es tatsächlich, dass „Piano Nights“ mit seinen Stücken gleichsam dazu in der Lage ist, im Hintergrund zu perlen und um Aufmerksamkeit zu buhlen.
Gesang gibt es dieses Mal keinen, die Sache mit Mike Patton war wohl ein einmaliger Gag. Und um Gags sind die Mülheimer nie verlegen, das manifestierte sich von Anfang an in den Album- und Song-Titeln („Dangerflirt mit der Schlägerbitch“) und reicht bis zu den Ansagen bei Live-Konzerten sowie den Cover-Gestaltungen: Dieses Mal zeigt es den jungen Christoph Clöser mit nerdiger Langhaarfrisur, logischerweise am Piano.
Die Anzeichen sprechen also eindeutig gegen die Etiketten Black Metal, Doom Jazz und Suizidkommando. Warum also sollte man Bohren überhaupt hören, wenn sie sich doch so harmlos durch ihre Instrumentals schleppen? Die Einzigartigkeit der Musik allein ist es nicht. Das Quartett hat eine große musikalische und kompositorische Qualität – und transportiert eine Haltung, die ungefähr danach klingt, als würde man lachend auf den Unsinn in der Welt spucken – und das ohne Worte. Da stimmt man gerne ein.