Von Matthias Bosenick (28.10.2025)
Das tut der antifaschistischen Seele mal gut, wenn jemand der rechten Übermacht ganz unkorrekt mit nichtdemokratischen Mitteln begegnet, zumal dies ja lediglich literarisch geschieht: Mit der Buchreihe „Inglorious Bitches“ gönnt sich Benny B. Savage alias Benjamin Spang das bei Quentin Tarantino abgeguckte Vergnügen, geschichtsverfälschend im Dritten Reich Nazis verlieren zu lassen, und dies auf brutalste Art. Drei Frauen mit ungewöhnlichen Fähigkeiten stellen sich im ersten Band den ihrerseits mit Übersinnlichem experimentierenden Nazis in den Weg, bis nicht nur Blut und Sperma fliegen.
Mary, Mouth und Lynx heißen die Heldinnen. Die eine hat einen ausgeprägten Gehörsinn, die zweite den ausgeprägten Geruchssinn und die dritte ist unverletzbar. Eine ist US-Amerikanerin, eine Brasilianerin, eine Jüdin. Gemeinsam werden sie parallel zum D-Day irgendwo im Feindesland, heißt: im von Deutschen besetzten Frankreich, abgeworfen, um den Geheiminformationen von einer Superwaffe nachzugehen und diese möglichst unschädlich zu machen. Klingt erstmal nach Action, ist es auch: Die drei Frauen fackeln nicht lang, und wenn, dann lediglich, wenn sie taktisch dabei vorgehen, Nazis zu töten, um sich selbst nicht zu gefährden. Das allein gefällt dem lesenden Antifaschisten zwar schon, aber es würde auf Dauer sicherlich ermüden, deshalb geraten die drei auch mal in Hinterhalte oder gleich in die Fänge der Deutschen. Und weil auch das dramaturgisch erstmal nichts Ungewöhnliches ist und man ja weiß, dass alle drei noch weitere Bücher durchballern müssen, resultiert die Spannung hier aus anderen Faktoren.
Nun sind Geschichten aus dem Dritten Reich zumeist davon geprägt, dass Nazis unberechenbar sind, man also nie weiß, wann sie ihre vermeintlichen Verbündeten dann doch noch töten oder die versteckten Verfolgten entdecken. Solche menschenverachtenden Situationen hat es ja wahrhaftig gegeben, deshalb schwingt in solchen Erzählungen auch immer das Beklemmende mit, dass man es mit mehr als lediglich einem miesen literarischen Kniff zu tun hat. Dennoch, die Spannung, die solche Szenen generieren, ist von Willkür geprägt, folgt also keiner konsequenten Linie. Spang alias Savage dreht hier aber den Spieß um und nimmt ihm die bekannten dramatischen Seitenarme: Die titelgebenden Heldinnen haben gar nichts anderes vor, als Nazis zu töten, hier resultiert die Spannung also nicht aus dem Ob, sondern aus dem Wie und Wann.
Seitenarme anderer Art fügt Spang dem Gemetzel indes zu: Die von den Deutschen so geheimgehaltene Waffe entpuppt sich als etwas Übersinnliches, das definitiv Tod und Verderben bringt. Natürlich können die unrühmlichen Schlampen, wie sie sich nennen, damit umgehen. Die Szenerie indes ist so abenteuerlich, dass es die Freude daran, dass die widerlichen Nazi-Verbrecher hier einfach ausgeschaltet werden, noch erhöht. Zudem garniert Spang die Sachlage mit flotten Dialogen und – nun – Rülps- und Furzwitzen, was kurioserweise nicht mal unangenehm aufstößt, um im Bild zu bleiben. Was er indes gottseidank meidet, ist eine Falle, die er sich beim Erdenken des Konzeptes quasi selbst aufstellte: Er sexualisiert seine Heldinnen nicht.
Außerdem ergänzt Spang seine Geschichte um analytische Betrachtungen, die er anschaulich herunterbricht: Eine Figur sagt etwa, sie würde die Nazis selbst dann aufhalten, wenn sie einen Zug voller Waisenkinder retten wollten, weil man bei Nazis immer davon ausgehen könne, dass sie damit eigentlich etwas Abscheuliches bezwecken würden. Übertragen auf die Gegenwart entspräche dies etwa den sozial- oder grünpolitischen Inhalten rechter Parteien. Dazu passt, dass sich Spang im hinteren Buchdeckel aufklärerisch gegen rechte und rechtspopulistische Bewegungen positioniert; ein FCK AFD ist da lediglich der dem Buchinhalt gemäße anschauliche Slogan.
Nun schreibt sich Spang in einen Rausch, und weil er dies tut, rauschen ihm auch so ein, zwei Unebenheiten durch. Nicht jede Äußerung kann man schmerzlos abnicken, nicht jede Entwicklung ist nachvollziehbar vermittelt; zehn Sekunden etwa können kurios lang sein. Dennoch vertritt er Werte, teilweise auch damit, dass er die herablassende Haltung derer, die er kritisiert, hier zwar darstellt, aber überhöht, und da man es hier ja nun mit einem Autoren mit Sendungsbewusstsein zu tun hat, darf man davon ausgehen, dass er diese Positionen selbst nicht vertritt, auch wenn er ihren Wortlaut übernimmt. Manchmal jedoch hätte er seinen Sprachschatz gern etwas glätten dürfen.
Inspirieren zu dieser nicht der Historie folgenden Erzählweise ließ sich Spang von dem Film „Inglorious Basterds“ von Quentin Tarantino, dem der Saarländer auch gleich den Reihentitel entnahm. Nichts zu tun hingegen hat diese Reihe mit dem 2011 veröffentlichten Porno „Inglorious Bitches“, obschon es etwas fragwürdig ist, sich damit zwangsläufig in Verbindung setzen zu lassen. Die ersten drei Bücher erschienen 2021, die zweiten drei – Spang veröffentlicht sie in Staffeln – 2023 sowie ein Weihnachts-Special 2024. 2016 veröffentlichte Spang seinen Debütroman „Blut gegen Blut“, mit dem er die Fantasy-Anteile bereits ausspielte, die er auch in „Inglorious Bitches“ unterbringt. Ausgelegt ist die Reihe auf 18 Bände – ein Schelm, der denkt. Als Print-Ausgabe gibt es die Reihe via Amazon, ansonsten digital.
