Von Matthias Bosenick (19.12.2023)
Kommt einem Spanisch vor, ist aber aus Paris: In Quartettbesetzung macht die möglicherweise nach einem spanischen SciFi-Film benannte Band Autómata, manchmal AutómatA geschrieben, vorrangig Postrock, also das trödelige Dudelzeug mit den flirrenden Gitarren, das seit Jahren existiert und seitdem Schwierigkeiten hat, sich selbst zu erneuern und zu erweitern. Gerade dann indes, wenn dies geschieht, wird „Heart Murmur“, das zweite Album der Franzosen, interessant: Sie setzen Elektronik nicht als Kleister ein, spielen die Gitarre manchmal wie im Achtziger-Wave und wehren sich nicht gegen Sprachsamples und Scratches.
Insbesondere die elektronischen Anteile, die Synthies und Keyboards, machen bei Autómata den Unterschied. Die Musiker verwenden sie nicht als Fugenkitt, sondern als eigenständige Komponente, wenn sich etwa in einem Intro zu pluckernden Sounds die Stücke erst entwickeln, wenn das halbe „Dead Fields“ nach eine Kombination aus Chill-Out und mildem Industrial klingt oder wenn in „Killing Spiders“ plötzlich Scratches ertönen. Die Orgel in „Sad Guru“ nach Art von Deep Purple in Postrock ist ebenfalls einem Synthie entnommen, das Klavier in vielen Stücken indes ist ein echtes.
Die flirrende Gitarre, die im Postrock zur Grundausstattung gehört, setzen auch Autómata ein. An den Stellen wird es stereotyp, dann greifen sie musikalisch nach den Sternen und ringen nach Opulenz, ergeben sich dem Kitsch und huldigen dem Klischee, doch halten die vier diese Stellen in der Unterzahl und stricken andere Muster drumherum. So mag die Gitarre am Ende von „Sad Guru“ an die von U2 auf „The Unforgettable Fire“ erinnern, häufiger indes an die Postrock-Supergroup Transmission, die sich ihrerseits bei den The Cure der Achtziger bedienten, etwa in „Mad Motor“, in dem am Ende sogar And Also The Trees durchschimmern. In „Killing Spiders“ erlaube Autómata ihrer Gitarre sogar einmal ein kurzzeitiges Bratzen. Etwas New Order bringen Autómata in „On A Wire“ mit dem Basssound ein. Richtig spooky wird es, wenn in „Mad Motor“ und „Killing Spiders“ Sprachsamples die instrumentale Melancholie unterbrechen und etwas Dunkles in die Tracks fließen lassen; die Tantra-Gesänge im fast zwanzig Minuten langen Rausschmeißer „Processions“ wirken da wieder beruhigend.
Autómata gibt es seit 2019, nach zwei Jahren veröffentlichte das Quartett sein selbstbetiteltes Debüt. Zur Band gehören nur Multiinstrumentalisten, scheint es, die zudem bereits einiges an Erfahrung auf dem 2CV haben. Bassist Jean-Baptiste Elineau, Schlagzeuger David Vivès und Keyboarder François Lamouret etwa spielten schon bei Lovely Girls Are Blind, die sich irgendwann in (Lovely Girls Are) Sad umbenannten. Mit Gitarrist Etienne Ertul wagten sie einen weiteren Neustart, eben als Autómata. Die härteren Passagen ihrer vormaligen Band hätten sie indes ganz gern mal in den neuen Sound einfließen lassen können, aber das sind Luxuswünsche.