Von Matthias Bosenick (09.06.2015)
Und plötzlich gibt es ein neues Album von Armored Saint. Und dann auch noch so ein gutes. Die ehemaligen Ritter-und-Mittelalter-Metaller haben ihren eigenen Sound gottlob weiterentwickelt, er klingt heute bisweilen sogar nach der Interimsband des Sängers John Bush, Anthrax nämlich, weniger als jene auf Riffs basierend, aber im Sound doch recht vergleichbar, was natürlich auch vordergründig an der Stimme liegen mag. „Win Hands Down“ ist hymnisch, melodiös, temporeich und heavy ohne Brutalität. Sehr oldschool also.
Es sind eher Licks als Riffs, mit denen Armored Saint seit über 30 Jahren (mit zwei Unterbrechungen) ihre Variante von Heavy Metal spielen. Soli gehören in jeden Song, und ihre Soli machen gute Laune, so wie es die Songs an sich auch schon tun. Den alten Männern gelingt eine unerwartete Leichtigkeit, frei von Posen und dafür voller Liebreiz. Die Musik ist dabei voll, John Bushs Gesang angenehm abweichend vom enervierenden Eiertretersound vieler anderer Oldschool-Metalkollegen, denn er singt in unteren Lagen und rauh. Zuletzt gestatten sich die fünf sogar eine Ballade, die es in der limitierten Variante auch noch als Remix gibt, der mit seinem Gospelelektro wiederum John Bush als Nachfolger von Dave Gahan bei den Soulsavern empfiehlt. Mutig und gut.
Im Jahre 2015 spielen Armored Saint immer noch und wieder in der Besetzung von 1990, die seitdem selbst über die Pausen hinweg unverändert blieb. In der Zeit entwickelte sich der Sound vom klassischen US-Westcoast-Metal mit NWoBHM-Einschlag zu deutlich mehr ernsthafter Heavyness nach der ersten Pause zu einer fast wahnwitzigen einfallsreichen Spielfreude mit hörbar guter Laune seit der zweiten Pause und dem bis dato vorletzten Album „La Raza“ von 2010. Verspielter als früher sind sie heute, mutiger in Rhythmusgestaltung, Instrumentenauswahl, Gitarrenarrangement. Mit „Win Hands Down“ setzen Armored Saint zwar keine neuen Meilensteine in die Metallandschaft, aber dafür ein Album, an dem sie hörbar selbst so viel Spaß hatten, dass der sich auf den Hörer überträgt. Ist doch auch mal fein.
Die limitierte Version des Albums beinhaltet neben dem Remix von „Dive“ eine DVD mit einem Konzertmitschnitt vom „Keep It True Festival“ aus dem Jahr 2009. Der „Dive“-Remix ist auch auf der Doppel-LP-Version als Bonus enthalten.