Von Matthias Bosenick (19.11.2025)
Da hat jemand Bock zu frickeln. Jazz, Progrock, leichte Anleihen an Metal und Elektronik fusioniert das Projekt Mad Vantage auf dem Debüt „Minutiae.“. Dahinter steckt die Musikerin Selene Messinis aus Melbourne, die sich auch Solune nennt; ja, kompliziert. Die acht Tracks bieten exakt die Musik, die man sich bei der Beschreibung vorstellt, mehr für den Kopf als für die Beine, geschmackvoll angerichtet und mit einer kompletten Band live im Studio eingespielt.
Der Titel „Minutiae.“ inklusive Punkt dahinter lässt an Autechre denken, und sobald man nach Solune sucht, findet man einen DJ aus Berlin, dessen Label nach einem Autechre-Stück benannt ist, nämlich Basscadet Records, aber da liegt man komplett falsch. Hinter Solune, der Kombination aus Sonne und Mond, steckt die Australierin Selene Messinis, und ihr Projekt Mad Vantage klingt mitnichten nach IDM, obschon sie elektronische Elemente in ihren Fusion-Jazz-Rock einbaut.
Der erinnert in vielen Punkten an die Hörspielmusik, die Frumpy-Schlagzeuger Carsten Bohn vor über 40 Jahren für die Hörspiele des Europa-Labels einspielte: Halbtonverschiebungen, Rhythmus- und Stimmungswechsel, einnehmende Melodien, installierte Fill-Elemente auf dem Schlagzeug, Funk-Gitarre, Keyboard-Melodien, E-Gitarren-Soli, alles instrumental. Doch es gibt wesentliche Unterschiede: „Minutiae.“ Ist mehr auf Frickelei als auf Atmosphäre ausgelegt, es hat mehr heavy Fuzz-Gitarren drin als Carsten Bohn’s Bandstand und das Keyboard kann an mancher Stelle etwas zu sehr an den Nerven sägen. Sobald Solune das Piano einsetzt, wird der Sound deutlich wärmer, und die Wärme steht der Musik. Die behutsam eingebaute Elektronik ebenfalls. Oder auch mal weniger behutsam, der trippige Electro-Basslauf von „Pervade Your Mind“ lässt Techno erwarten, doch fügt er sich in den Fusion-Sound ein, als wäre er schon immer dessen Bestandteil.
Diese Sorte Genre-Amalgam ist nun nicht mehr neu, Vergleichbares findet sich in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht erst ab Weather Report, aber was die Band Mad Vantage hier macht, hat ein eigenes Feuer und deckt außerdem die persönliche künstlerische Entwicklung von Messinis ab. Außerdem erweitert sie das Rock-Spektrum ja mit heavy Riffs und der Elektronik. Für letztere ist Messinis selbst verantwortlich, für den Rest engagierte sie andere Fachleute: Tim Cox fürs Schlagzeug, Kumar Shome für die vielseitige Sechssaitige und Matthew Hayes für den Bass.
