Von Matthias Bosenick (21.10.2025)
Ohne die etwas unpassende Kombi aus gefälligem Pop und Metal, vulgo: Metalcore, wären Waking The Sleeping Bear aus Dole in Frankreich noch besser geraten: Mit ihrer Quasi-Comeback-EP „Grands Maux, Grands Remèdes, Partie 1“ schieben sie den ohnehin bereits von Geburt an etwas übel müffelnden NuMetal in andere Richtungen, modernisieren ihn elektronisch, üben mächtig Gewalt aus – und bringen ihre Texte, ob gebrüllt, gesungen oder gerappt, auf Französisch dar.
Die Vielfalt dieser EP drückt sich bereits im Intro des eröffnenden Quasi-Titelstücks „Grands Maux“ aus: Electro und Rap läuten die sieben Songs leicht hysterisch ein, man lässt sich darauf ein und wartet ab, dann bricht plötzlich das Pandämonium herein. Danach kombinieren und subtrahieren Waking The Sleeping Bear, was das Zeug zu bieten hat: klaren Pop-Gesang, Geschrei, Growls, Rap, Djent, Thrash, Technical Death Metal, Electro, und ja: Pop. Sobald es in die Fresse geht, spielen die Franzosen ihre Metal-Karten voll aus und stechen alle Trümpfe. Auch die Electro-Elemente bilden keine Fremdkörper, und richtig gut kommt es, wenn Rap und Metal eine rhythmische Einheit eingehen. Klar, die Kombi aus Stromgitarren und Rap ist 40 Jahre alt – Dank Aerosmith und Run DMC –, die aus Electro und Metal nur gut zehn Jahre jünger, aber es tat sich ja seitdem noch so einiges in der Szenerie, siehe beispielsweise Electric Callboy oder Skrillex mit Korn. Und an beide erinnern WTSB sogar für manche Sekundenbruchteile.
Dafür aber auch an Weichbirnen wie Limp Bizkit oder Linkin Park, gottlob aber ebenfalls lediglich für Sekundenbruchteile, und vor allem dann, wenn der klarere Rap-Gesang die Frequenz erhebt. Gottlob werden WTSB nicht so weinerlich wie die genannten Teenage-NuMetaler. An Teenager richtet sich diese EP auch gar nicht mehr, lässt das Quartett wissen, denn es rückt den einstigen NuMetal jetzt in eine erwachsene Position. Das drückt sich eben dadurch aus, dass die Härte hier tatsächlich eine Härte ist; bei den originalen NuMetal-Bands klangen die Gitarren ja meistens nicht mal wie welche. So ganz ablegen indes können WTSB die Jugendnähe nicht, manche Gesangsmelodie ist einfach zu nah am Kitsch und manche Synthieeffekte sind reichlich cheesy, etwa in „Le Goût de la Peur au Ventre“. Dennoch knüppeln sie einem Sachen um die Ohren, die den herkömmlichen NuMetal-Hörer vermutlich lang niederstrecken würden. Nicht umsonst nennen WTSB ihr Genre selbst „nü-metal“; immer ein, zwei Punkte mehr als die anderen.
2011 gründeten Schüler aus Dole, gelegen zwischen Dijon und der Schweiz, Waking The Sleeping Bear als Cover-Band. Erst sieben Jahre später traten sie mit der ersten EP „Jungle Urbaine“ auf den Plan, nach weiteren Singles folgte 2021 das Debüt-Album „Porno Future“. Vier Jahre später folgt jetzt also der Neustart. Zur Band gehören Adrien Pate, Arthur Galtier, Edwin Blanc, Simon Bellot. Und der Zusatz „Partie 1“ legt nahe, dass die Band mit einer Fortsetzung rechnet. Tun wir das auch.
