Von Matthias Bosenick (12.09.2025)
Kuriose Band: Drei Leute aus Snåsa in Norwegens Einsamkeit, die das musikalische Equipment der Achtziger irgendwo im Wald verstecken, es gelegentlich herausholen und dunkle Synthiepopperlen mit etwas dronigem Gitarrenbeitrag generieren. Das Album „Manners“ lässt sich sowohl in den Wave-Goth- als auch in den Pop-Kontext angenehm einbinden. Laut Info ist es das zweite Album nach dem vor 17 Jahren veröffentlichten „Sinecure“, seinerzeit noch unter dem Namen Bitch Cassidy herausgebracht. Wälder und Norwegen, da gibt’s doch eher den Black Metal, oder? Bingo Crowd: „Ja.“
Auch wenn der Klang der Achtziger hier omnipräsent ist, wissen die drei Musiker doch die Gerätschaften zu portionieren. Zudem tragen die Songs lediglich einen Achtziger-Anschein, wenn man genauer hinhört, denn die Art der Strukturierung, Produktion und Komposition gab es so vor 40 Jahren noch nicht, da dringen modernere Einflüsse ein. Auch solche, die es vor, sagen wir, 20 Jahren in die Charts schafften, wie Interpol oder die Editors. Dazu passt auch der klare, dunkle Gesang, der stets unaufgeregt die Sounds begleitet und deren dunkle Ernsthaftigkeit unterstreicht.
Ja, den Geist der Achtziger kann man auf „Manners“ nicht verleugnen. Vornehmlich sind die zehn Songs synthielastig, doch hat das Trio auch eine E-Gitarre in der Holzhütte zu stehen und setzt sie wohldosiert ein. „Voloop“ etwa hat ein angenehm noisiges Outro, nachdem die in den orgelähnlichen Sound eingebetteten Gitarren dem Stück Wärme verliehen. Das Beatlose „Litjatalj“ bekommt im Verlauf einen schönen Drone, „Pyramide“ setzt ganz auf entrückte Reflexion. Und es gibt „Portamento Mori“ zum Schluss, das mit einem Black-Metal-Einspieler überrascht – eine gelungene Pointe.
À propos Beats: Bisweilen stechen moderne, leicht technoid gehaltene Drums aus dem Achtziger-Bild heraus, was dem Gesamteindruck zuträglich ist. Andererseits setzen Bingo Crowd in „Nature Guy“ explizite Früh-Achtziger-Drumsounds ein, ebenso im genannten „Portamento Mori“, das auch mit den Synthieflächen und -sounds an die Musik von vor 40 Jahren erinnert. Wäre da nicht der grandiose Refrain.
Der offenbar auf die Vergangenheit des Trios zurückgreift, denn das gründete sich offenbar als Rockband, sagt die Info. Andreas Kjerkol Elvenes (auch bei NSB), Svein Segtnan und Eivind Brønstad sind diese drei Musiker, das 2008 veröffentlichte Debüt „Sinecure“ muss offenbar noch in härterer Musik kombiniert mit EBM verhaftet gewesen sein. Die drei gründeten die Band als Bitch Cassidy, die Umbenennung in Bingo Crowd mag noch nicht allzulang zurückliegen – auf Discogs ist auch „Manners“ noch unter dem alten Namen aufgeführt.