Von Matthias Bosenick (16.06.2025)
Der Titel passt wie die Faust aufs Butterbrot: „Hard Anger“ knallen einem Agabas aus Trondheim um die Ohren, als Amalgam aus irgendwie Hardcore, irgendwie Metal und irgendwas mit Saxophon. Ausgehend von Oldschool-Elementen, preschen und dreschen die sechs Norweger einem ihre eigene Vision dessen ins Antlitz, wie man sich künftig musikalisch die Rübe einkloppt. Jedes Break sitzt, das Screamo-Geschrei passt, das Saxophon führt sich auf wie ein natürlicher Bestandteil von allem, was brutalst das Gesicht eindrückt. Zurückhaltung, Wiedererkennbarkeit und Struktur sind Agabas dabei auch nicht fremd, damit runden sie dieses Album ab.
Es lässt sich nicht so einfach zuordnen, aus welcher Schublade Agabas ihre Härte ziehen: Steht zunächst der Hardcore mit ruppiger Monotonie und Geschrei ganz vorn, wenden Agabas ihn indes mit Mitteln des Thrash- oder Groove-Metal an, mit den eingearbeiteten Breaks, dem fiebrigen Bass oder den rifforientierten Gitarren; den Rauswerfer „På åpent hav“ könnte man kurz vor Schluss sogar als modernen Black Metal auffassen. Während man noch nach Orientierung sucht, bringt einen das Saxophon ins Straucheln: Als wäre es das Normalste der Welt, fügen Agabas dieses Instrument in den Lärm ein, mal melodisch, mal riffig, mal als Noise-Element.
Weil permanent auf die Fresse nach kurzer Zeit an Wucht verliert, bauen Agabas immer wieder Brüche in ihre Tracks ein. Selbst dabei halten sie sich nicht zwingend an Regeln, sondern setzen sie an Stellen, an denen man nicht mit ihnen rechnet, und kleiden sie zudem in ein Gewand, das man nicht vorherahnen kann. Ein Akustikgitarrenklimpern kann das sein, ein freundliches Jazzstück mit dem Saxophon, ein chilliger Blues oder beinahe elektronisch generiert wirkende Stop-And-Go-Breaks mitten im Lauf. Dann wirken nämlich die Nackenschläge umso wuchtiger.
Agabas bezeichnen ihre Musik selbst als Deathjazz. Kann man so stehen lassen. Um dieses Etikett zu bekräftigen, holten sich Agabas für zwei Tracks Gäste dazu: „Vis meg alt“ begleitet der US-Saxophonist Michael Wilbur, in „Jævla menneske“ verstärkten Shining den Druck, also die norwegischen Avantgarde-Metaler, die nämlich ihrerseits mit Saxophonen arbeiten, und nicht die schwedischen Black-Metaler.
„Hard Anger“ ist das dritte Album des Sextetts, Auftakt war 2023 „A Hate Supreme“, gefolgt im selben Jahr von „Voluspå“. Die Besetzung blieb dabei erhalten: Das Geschrei übernimmt Sondre Sørensen Brønstad, an den Gitarren hört man Oskar Myrseth und Jarand Aga Baas, das Saxophon spielt Alexander Dellerhagen, den Bass Johan Jamtfall und das Schlagzeug Bjørn Syverinsen. Alle drei Alben reißen die halbe Stunde Spielzeit gerade so an, und das ist gut so: Agabas komprimieren ihre Brutalität und empfehlen sich dafür, die Platten gleich nochmal aufzulegen.