Chakra Vimana – Feed My Soul – Tonzonen Records 2025

Von Matthias Bosenick (10.06.2025)

Wieder so ein Album, das „Rock“ auf seine Schublade schreibt, aber so gut wie keinen bietet – dafür eine ganze Menge anderer Schubladen bedient. Der Rock steht bei Chakra Vimana in Kombination mit dem Prog, und wer in dem Gewässer reüssieren will, zieht mit diesem Etikett erstmal Aufmerksamkeit auf sich und bedient dann lauter Untergenres. Space, Ambient, Pop, epische Weiten, auch mal Grooves und ja, so etwas wie Rock, dazu Berliner Schule, Neoprog und abermals und immer wieder irgendwas Spaciges. „Feed My Soul“ ist das Produkt dreier Progverrückter, die sich horizontüberschreitend austoben.

Zunächst ist es nicht so unerheblich, zu wissen, mit wem man es hier zu tun hat: Chakra Vimana ist ein Trio mit US-Basis und finnischer Erweiterung. Jener Finne ist Santtu Laakso, der als Thrash-Doom-Death-Metaler begann und zu Coronazeiten mit Astral Magic ein breit gefächertes Experimentierfeld aus Electro, Ambient, Space und Kraut ins Leben rief, mit dem er in fünf Jahren über 60 Alben und EPs veröffentlichte. Auf KrautNick trat er zuletzt als Gast von Sendelica in Erscheinung, hier spielt er Bass und Synthies, von denen es hier einige zu hören gibt. Auch gespielt von Mark Cook von Herd Of Instinct, der zusätzlich diverse bundlose Bässe und Gitarren sowie Percussions und Sitar mitbringt. Als dritter ist Shane Beck dabei, der unter seinem Alias (The Last American Poet), nur echt mit Klammern drumherum, die Spoken-Word-Anteile liefert. Weil Trios erst zu viert am besten zur Geltung kommen, ist Steven Leak mit Soundscapes Teil der Produktion. Zusammen machen sie laut Eigenaussagen Prog Rock, aber das mit dem Rock stimmt nur bedingt.

Spacig eingebrachte Synthies, Keyboards, Electronics bilden den gefühlten Hauptteil der Musik auf diesem Debüt. Kommt eine Gitarre zum Tragen, ordnet sie sich eher in einen Popkontext ein, als dass sie wirklich losrockt. Das wiederum erfolgt etwa in „Oblivious“, in dem Jean-Michel Jarre und Mike Oldfield eine Allianz eingehen, und in „Do You Listen To The Wind?“, in dem sie indes härter erscheint, als sie ist, mit ihrem angenehm angerauhten Sound. Die genannten Beispiele verdeutlichen zudem einen Aspekt, der auf alle sieben Stücke dieses Albums zutrifft: Keiner endet da, wo er beginnt. Erstgenannter geht über in einen Ambient mit Streichern und einer Art Tribal Drums, zu denen Beck murmelt, und der Zweitgenannte startet mit einem an Industrial erinnernden Intro.

Die Mischung hier ist schon bemerkenswert. „Time To Sigh“ könnte man sich in seinem Achtziger-Synthiepop-Gewand auch als Teil des Soundtracks zu „Captain Future“ vorstellen, die Tablas wenden das Blatt hingegen im Verlauf. „Striving To Connect“ hat einen funky Beat und ein cheesy Keyboard, birgt – wie das radiotaugliche Popsong-Titelstück – echten Gesang und später mit weiblicher Stimme vorgetragene Spoken-Word-Anteile. Als Bonus gibt’s auf der CD mit „Waving At The Stars“ ein weiteres Mal einen Synthie-Ausflug into Space, mit Tablas garniert.

Bei Chakra Vimana handelt es sich übrigens nicht zum einen feststehenden Begriff aus der Esoterikecke, sondern um die Kombination aus Spiritualität und Architektur – oder Raumfahrt. Die Chakren sind in der indischen Überlieferung die Energiezentren des Körpers, ein Vimana ist ein über einem indischen Tempel hervorragender mehrstufiger Turmbau – oder auch ein Fahrzeug der Götter, je nach Deutung also möglicherweise sogar ein Raumschiff, und das passt zur Mucke, die ja enorm spacig ausfällt.