Von Matthias Bosenick (29.04.2025)
Glauben wir ihm diese Geschichte einfach mal: 2004 nahm Jim Lough aus Middleborough oder auch Lakesville, Massachusetts, alias Old Twon Crier diese vier Songs auf, generierte eine einzige Kassette davon und verbummelte diese sofort. Zwanzig Jahre später fand er sie wieder, ließ die Musik darauf remastern und stellt sie nun digital zur Verfügung. Warum man diese Geschichte von „Motion Blur“ anzweifeln könnte? Weil die Musik zeitlos ist – sie hätte ebenso in den Sechzigern wie heute entstanden sein können, oder eben 2004. Zehn Minuten Lo-Fi-Rock’n’Roll aus der Garage!
Klick-Klick-Klick-Klick – Slide-Gitarre und Northern-Soul-Rhythmus eröffnen „Back Door“, dessen Gesangmelodie in den Strophen leicht an „Heart Of Glass“ von Blondie erinnert, ansonsten aber gar nix mit CBGB-Protopunk-Disco am Hut hat. Vielmehr gniedelt Lough im Uptempo und schwenkt für „Rebecca“ in Richtung dessen, was er 2022 für seine „You“-EP als Genre angab: irgendwie Alt.-Country, dem Bluegrass seiner Hauptband Riley Coyote schon sehr nah. Etwas „The Under Assistant West Coast Promotion Man“ von den Rolling Stones kann man dem Rhythmus und dem Sound ebenfalls entnehmen, Slide-Gitarre und catchy Gesang inklusive „Uuuuh“-Chören machen den Song zur gutgelaunten Nummer.
Der „Country Boy“ hingegen schmeckt weit mehr nach alten Rock’n’Roll als nach dem im Titel genannten Genre, als jener noch ohne verzerrte Gitarren auskam und trotzdem die Hüften energisch ansprach. Für „Real Good Friend“ packt Lough sogar eine Dylan-Mundharmonika und einen Schellenkranz aus, dieser Song hat mit seinem Scheppern den am stärksten ausgeprägten Garagen-Sound dieses Tapes.
Es scheint so, als habe Lough diese EP seinerzeit wahrhaftig allein eingespielt, zumindest nennt er keine Gastmusiker, wie es sie auf den anderen Aufnahmen gab. Sicher ist, dass er ein Multiinstrumentalist ist, also ist ihm dieser Alleingang durchaus zuzutrauen. Interessanterweise brachte Lough sein Debüt „I’m Longing For You Honey in Middleboro, Mass“ erst 2021 heraus – also 17 Jahre nach den Aufnahmen zu „Motion Blur“. Abermals ist der Erlös dieser Aufnahme übrigens anteilig einer Einrichtung gewidmet, dieses Mal dem HIV-Präventionsprojekt Plymouth COPE Center.