Robert Seethaler & Rattelschneck – Trotteln – Ullstein 2025

Von Matthias Bosenick (15.04.2025)

Seit über 35 Jahren ist das Cartoonzeichnerduo Rattelschneck auf eine einzigartige Weise witzig. Diese Kontinuität bei beibehaltener Kompromisslosigkeit können nicht allzu viele Cartoonisten für sich beanspruchen. Nun kommt es zu einem virtuellen Schlagabtausch zwischen der Hälfte dieses Duos – deshalb ist die Autorenschaft an dieser Stelle etwas irreführend –, namentlich Marcus Weimer, und dem Schriftsteller Robert Seethaler, den diese beiden nun unter dem Titel „Trotteln“ als Buch unter die Leserschaft werfen. Fazit: Weimer ist einfach nach wie vor der unschlagbar trockenste Beobachter, Seethaler nimmt sich wichtig und das Buch ist in seiner Preisgestaltung nicht wirklich dem Inhalt angemessen.

Man sieht Sprechblasen in Chatform, also mit einem kleinen ausgeprägten Dreieck in Richtung des Schreibenden, links Weimer, rechts Seethaler. Davon drei, vier pro Seite mit zumeist wenig Text, ergänzt um Cartoons, Skizzen und Kladden, die beide zum Gesprächsstoff passend anfertigen. Seethaler textet Weimer zu, der reagiert auf den Punkt. Seine Schlagfertigkeit, sein Sprachwitz, sein Assoziationsvermögen retten dieses Buch, sind beinahe der überwiegende bis einzige Kaufgrund. Seethaler nimmt sich zu wichtig, er reitet immer wieder auf seinen spärlichen Ideen herum, die sich oft um Anzüglichkeiten in Pennälerniveauhöhe drehen, aber gottlob nicht immer. Als Stichwortgeber ist er fantastisch, denn Weimer setzt nicht immer einfach nur um, was Seethaler ihm in den Block diktiert, sondern denkt es weiter oder reagiert komplett unerwartet darauf. Sogar Weimer scheinen Seethalers Einwürfe beizeiten zu bunt zu werden: Einmal beklagt sich der Autor beim Zeichner, dass jener seinen Fragen ausweiche, und der entgegnet, wessen Fragen er denn im Gespräch mit Seethaler sonst ausweichen sollte, wenn nicht dessen. Châpeau!

Dennoch, man bekommt bei der Lektüre mehr als nur einen Lachanfall. Es finden sich viele grandiose Ideen darin, auch von Seethaler, da sei ihm unbenommen. Ein Superheld, dessen Superkraft es ist, alle Umstehenden im Radius von zwölf Metern einschlafen zu lassen, etwa. Ein Superheld mit Ordnungswahn, der der Polizei zuwiderläuft, indem er Tatorte vor deren Eintreffen säubert. Bei den titelgebenden Trotteln handelt es sich um ein Wortspiel, das sich aus der österreichischen Mehrzahlbildung von „Trottel“ und der unsauberen deutschen Aussprache von „Troddeln“ ergibt und die beiden ebenfalls zu allerlei assoziativem Blödsinn hinreißt.

Das Getue um Seethalers Starposition indes nervt etwas, auch wenn es einige nette Sticheleien hervorbringt. Da wäre entweder mehr drin oder weniger mehr gewesen. Ansonsten hat man an dem Schlagabtausch seine Freude. „Das war eine Fangfrage“, schreibt Seethaler einmal, und Weimer erwidert: „Ich habe auch fanggeantwortet.“ Die „Trotteln“ sind ein kurzweiliges Vergnügen, in dem Rattelschneck-Fans auch ohne Olav Westphalen auf ihre Kosten kommen. Noch schöner wäre es in kompakter und erschwinglicher gewesen.