Larkin Poe – Bloom – Tricki-Woo Records 2025

Von Guido Dörheide (09.02.2025)

Zunächst mal ein Wort an den Herausgeber: Als wir neulich über Blues Pills sprachen und mir der Name dieser anderen Band, die irgendwie in eine ähnliche Kerbe haut, nicht mehr einfiel – es war Siena Root gewesen, was ich meinte. So, nun wäre das also auch besprochen, und das nicht ohne Grund: Wie das Cover des aktuellen Albums „Bloom“ bereits zeigt, ist Larkin Poe eine dieser Bands, die sich anhören, als wären sie irgendwo in den 70ern verhaftet (die kleinen Schwestern der Allman Brothers nannte man sie neulich irgendwo, ich glaube, es war auf Wikipedia, und ich finde, das passt), dennoch wie etwas von heute klingen und mit all dem historischen Eklektizismus nicht nerven, sondern eher begeistern.

Larkin Poe gibt es schon seit 2010, das ist für mich und den Herausgeber quasi erst seit gestern, aber für die Menschheit eigentlich schon ziemlich lange, und sie haben seitdem auch schon ungefähr ein Dutzend Alben herausgebracht, wenn man die erste Veröffentlichung „Band For All Seasons“ von 2010, eine Box-Set-Rewiederneuveröffentlichung ihrer ersten EPs „Spring“, „Summer“, „Fall“ und „Winter“ mitzählt. Bei uns hier oben im Harzgebirge hätte man das mit den Titeln „Winter“, „Winter“, „Sommer“ und „Winter“ veröffentlichen müssen, aber in Georgia kann man das locker als Quattro Stagioni machen.

Nun also „Bloom“, mit diesem schönen roten Cover mit dem 70er-Jahre-Schriftzug und Megan und Rebecca Lovell, wie sie überlegen nicht-grinsend, sympathisch und perfekt angezogen am Betrachter vorbei schauen, auf einem altmodischen Marshall sitzend, beziehungsweise an diesem lehnend. Ob dieser bis 10 oder bis 11 geht, ist nicht überliefert, als Note für das Album würde ich aber mal locker deutlich mehr als 11 geben.

Larkin Poe bestehen aus den beiden Schwestern Rebecca (voc, git, bj, p, mand) und Megan (voc, Dobro, Lap-Steel) Lovell aus dem nördlichen Georgia und sie spielen Rock’n’Roll im weitesten Sinne. Alles klingt schön nach Südstaaten, nach Americana, Folk, Blues, Rock, Bluesrock, ein wenig Country und vor allem ist viel Slide Guitar dabei. Und zwei wunderbare Stimmen, die zusammen mit der Gitarre den Klang von Larkin Poe prägen. Während Rebecca und Megan Lovell mit ordentlich Schmackes singen, setzen im Hintergrund die Gitarren der Schwestern den Allman Brothers, Lynyrd Skynyrd und Little Feat diverse Denkmäler. Welcher Song gerade läuft, ist dabei eigentlich komplett egal, überall gibt es eine Gesangsmelodie, eine Stimme, ein Gitarrenriff oder irgendwas anderes richtig Tolles zu hören, derweil Schlagzeug und Bass den Kopf dauerhaft am Auf-und-ab-nicken-halten.

Einer meiner apseluten Lieblingsfavoritinnen auf „Bloom“ ist „Bluephoria“, das mit Orgel, Gitarre und Schlagzeug recht dröhnend einsetzt, dann werden die Instrumente zurückgenommen, Rebecca fängt recht aggressiv und überaus laut zu singen an, Gitarre und Orgel unterstützen das und dann wird es auf einmal sehr hymnisch und alle Mitstreitenden streiten gemeinsam, dann tritt wieder der Gesang in den Vordergrund und gegen Ende gibt es nochmal ordentlich Slide-Gitarren-Soli, die wiederum vom Gesang aufgefangen werden und sich mit diesem abwechseln, total toll das Ganze.

Weiters blieb ich hängen an „Nowhere Fast“, einem schrammeligem Rock-Song, bei dem ich mir Billy F. Gibbons als dritten Gitarristen gewünscht hätte, aber das kriegen die Lovell-Schwestern auch alleine hin (die Gitarre klingt an mancher Stelle echt dreckig) und ja – einen Ehrentitel als die kleinen Schwestern von ZZ Top hätten sie sich hier auch ehrlich verdient.

Daran anschließend folgt das in meinen Augen musikalische Highlight des Albums – „If God Is A Woman“: „If God is a woman, the Devil is too – better get down on your knees, I’m gonna pray for you… pray for you“ ist schon einmal eine Ansage, die Protagonistin läuft über das Wasser durch den Sumpf (ich erinnere daran, dass wir uns in den Südstaaten befinden) wie ein Alligator, verwandelt das Wasser zunächst in Wein, um ihn dann zu trinken, und dann heißt es „Heaven and hell hath no fury, better watch what you do – I’m gonna pray for you“.

Das textliche Highlight ist danach „Pearls“: Die Erzählerin des Songs sagt, sie hätte ihr ganzes Leben lang ihre Zunge abgebissen, sie wäre süß, schüchtern und dumm gewesen, aber niemals unhöflich, sie hätte ihm (also dem, an den sich der Song richtet) das Messer gegeben, mit dem er sie auf die richtige Größe herunterschneiden konnte, also möge er ihr nun seinen Rat geben, hey hey hey. Mit den Worten „Got the sweetest little heart, I’m gonna blow it all apart, Hey, hey, hey“ beginnt die Ich-Erzählerin sich dann zu emanzipieren und stellt fest, dass ER die ganze Zeit über versucht hat, IHR zu erzählen, was richtig und was falsch ist, was sie zu tun hätte und was nicht, und mit den Worten „Keep your pearls, ‘cause I don’t want your pearls“ schmeißt sie ihm dann alles vor die Füße und sagt ihm dann mit „I do what I want, when I want, if I do or I don’t, yeah, it will or it won’t matter. I don’t tell you how to spin your world, no, I don’t try to tell ya“ nochmal richtig Bescheid, aber nicht dominant oder einschüchternd, sondern so, dass auch er sein Gesicht wahren könnte, wenn er sich auf die Diskussion einließe. Aber dennoch deutlich.

Auch das darauf folgende „Fool Outta Me“ geht in diese Richtung – wenn man sein Herz auf der Zunge trägt, wird man sicher an der Welt zerbrechen, die großen Räder drehen sich ohnehin weiter. Klingt aber nicht nach „Die da oben“-Gejammer, sondern nach „Zeigen wir es denen!“

Mit „You Are The River“ und „Bloom Again“ endet das Album dann friedlich und das Beste hoffend, Larkin Poe machen Mut und klingen dabei immer kämpferisch, aber nie unversöhnlich.