Von Matthias Bosenick (08.12.2025)
Nach Black Metal, Garage Punk, Post Punk und Disco-Metal kommt Synthie-Pop: Dieser Srogi Moroczek aus Baltimore ist für allerlei Überraschung gut. Dieses Mal sperrte er sich mit seinem Kumpan E. Appleton in sein Studio ein, häufte diverse analoge Synthesizer auf und generierte quasi spontan an drei Tagen das halbstündige Album „Do Not Fold“, das er nun unter dem neuen Projektnamen Bicycle Deck veröffentlicht. Darauf verfährt das Duo nicht so abgedreht wie auf vorherigen Alben, sondern ganz in Sinne des Downbeat, Berliner-Schule-Ambient und sonstigen synthetisch generierten Soundspiels.
Der Pool an elektronischen Einflüssen ist riesig, und Bicycle Deck bedienen sich umfassend. Ohne Stress: Das Tempo ist down, die Beats bleiben low, sofern sie überhaupt zutage treten, atmosphärische, minimalistische Soundscapes liegen hinter den Tracks, geloopte Melodien über ihnen, die Elemente pausieren mal und nehmen wieder den Betrieb auf, Handclaps dazu, warm-sphärische, spacige Sounds, hier mal ein angetätscheltes Hihat, dort dubbiges Pianoklimpern und erst im dritten Track „How To Beat A Royal Flush“ überhaupt ein durchgehender Beat, der auch in Neunziger-Afterhour-Clubs zum Kopfnicken geführt hätte.
Man kann sich richtig gut fallen lassen in den fünf Tracks. Und das ist das größte Wunder daran: Denkt man an die vorherigen Projekte zurück, an denen Wirbelwind Mroczek so beteiligt war und ist, hätte man bei der Konstellation etwas Anderes erwartet, etwas Wilderes, Unstrukturierteres, Aufmüpfigeres. Schließlich startete Mroczek 2020 als Geburtshelfer des Avantgarde-Death-Metal-Projektes Bornwithhair seines Bruders Weirding Batweilder, der seinen Duo-Kumpel Jean Farraige kaum ein Jahr später zum Black-Metal-Projekt Vinterdracul mitnahm, das Mroczek ebenfalls technisch begleitete. Als Evil Will Bless versuchte der sich 2024 selbst im Black Metal, gründete zeitgleich mit Dirt Boucher und Rick Morerick die tiefschwarze Speed-Metal-Band Mephistophilizer und hob das Dark-Ambient-Projekt Towerhouser aus der Taufe. Zudem unterstützte er Boucher bei dessen rumpeligem Disco-Black-Metal-Projekt Xoltergeist, an dem auch Appleton und Batweilder beteiligt waren. Mit Batweilder und Boucher setzte er zudem das Post-Punk-Projekt Bleak Magician um.
Jetzt also das entspannt-chillige Projekt Bicycle Deck – und die Ankündigung weiterer Alben für 2025: Im März erscheint Mroczeks Solo-Debüt „Ballad Haunters“, zudem sind Nachfolger von Bleak Magician, Towerhouser, Xoltergeist und eben Bicycle Deck in der Pipeline, dessen „Telepathic Table Games“ für Februar vorgesehen ist. Dabei sind erst gute fünf Jahre vergangen, seit der Mann erstmals musikalisch in Erscheinung trat – rätselhaft: Wo kommt er her, wo will er hin? Rastlos streut er seine Kreativität über die wildesten Genres und scheint kein Bisschen Energie dabei zu verlieren. Zwischendurch entspannt er sich vermutlich zu „Do Not Fold“, das geht ganz gut.