Francis Cofone – Space Fabric – Iapetus Media 2024

Von Matthias Bosenick (23.12.2024)

Was für Sounds man so alles aus einer E-Gitarre herausholen kann! Und wie wenig dieses Rock’n’Roll-Instrument nach Rock’n’Roll klingen kann! Auf „Space Fabric“ generiert der New Yorker Gitarrist Francis Cofone mit seinem Instrument nämlich Ambient, und zwar einen, der wiederum nicht genregemäß elektronisch basiert ist. Die richtige Mucke zur besinnlichen Zeit, auch wenn sie bereits zu Ostern erschien. Improvisiert überdies live im Studio, manipuliert von Partner-in-crime Markus Reuter.

Dieser „Space Fabric“ hat keine Texturen, Cofone klimpert ohne festen Raum vor sich hin, und genau das ergibt auch das Besondere an dieser Musik. Man fühlt sich als Hörender so frei, wie es der Spielende bei den Aufnahmen war, man stolpert ins Nichts, das kein Nichts ist: Cofone generiert ja Geräusche, Soundscapes, akustische Landschaften. Es ist, als spaziere man auf Watte, auf einer Traumwelt, und gewänne erst nach und nach das Vertrauen darin, dass diese Welt tatsächlich stabil ist und trägt, und je weiter man sich fortbewegt, desto leichter fällt es, sich in diese Sounds fallen zu lassen.

Dabei gibt einem Cofone so manche Orientierungshilfe an die Hand. Auch wenn er auf stereotype E-Gitarren-Sounds verzichtet, er also nie rifft, bratzt, rockt – außer in „Dark Signal“, da gniedelt er so, dass das Instrument erkennbar ist –, erzeugt er doch auch Töne, die Erinnerungen wecken, die einem vertraut vorkommen. So lässt er die Gitarre mal wie eine Harfe klingen, mal wie eine Orgel, mal wie ein Klavier, mal tatsächlich wie einen Synthesizer, mit dem Ambient ja üblicherweise erzeugt wird, sieht man von den frühen Zeiten dieses Genres ab, als Synthies noch zu unerschwinglich waren und die ersten Vertreter dieser noch frischen Stilrichtung eben auf Saiteninstrumente zurückzugreifen gezwungen waren. Somit schlägt Cofone also vielmehr eine Brücke in die Anfangstage von Ambient, als dass er die moderneren Wege abschreitet. Brian Eno, Edgar Froese und Mike Oldfield nicken dazu.

Wenige Wochen nach „Space Fabric“ brachte Cofone zwei weitere Tracks aus den Aufnahmesessions als „Time Within A Dream“ heraus, inspiriert von einem Track, den er, so schreibt er, vor über 50 Jahren mit einem Bassisten improvisiert hatte. Außerdem erwähnt er seine Frau Lucy und seine Tochter Nicole. Merkwürdigerweise findet man über ihn bis auf diese beiden Veröffentlichungen auf Bandcamp und einige Skizzen bei Reverb Nation rein gar nichts im Internet – kurios für jemanden, der Anfang der Siebziger bereits mit Leuten Musik gemacht haben will, laut Info bekannt ist für seinen Gitarren-Ambient und sich nach eigener Aussage für „Space Fabric“ künstlerisch und musikalisch weiterentwickelt hat. Gefunden hat ihn zumindest Markus Reuter, und den gibt’s wirklich. Reuter half Cofone dabei, seine Vision technisch umzusetzen und den Sound seiner Gitarre auf diese atmosphärische Weise zu verfremden. Mehr muss man ja auch gar nicht wissen – zurücklehnen und genießen geht auch ohne Hintergrundinfos.