Von Matthias Bosenick (04.12.2024)
Oh Gott, dieser Satan! Als Ergebnis der Idee, Black Metal mit Disco zu kombinieren, stellt Schlagzeuger Dirt Boucher aus Pennsylvania sein Solo-Projekt Xoltergeist vor, an dessen selbstbetitelten Album sein Freund Srogi Mroczek maßgeblich mitarbeitete. „Xoltergeist“ ist eine Sammlung schneller Skizzen, die die beiden im Studio anfertigten, rauh, ruppig, rotzig, und eigentlich weder Black Metal noch Disco. Der repetitive Beat war Boucher wichtig, die Gitarren dazu kommen eher aus der Garage als aus der Hölle. Das ist schon eher etwas für die Spaßschublade, in besser ausgearbeitet wären diese Kleinode respektabler ausgefallen.
Es scheppert. Eigentlich durchgehend. Boucher bearbeitet sein unterkomplexes Schlagzeug minimalistisch, es klingt beinahe, als käme der Sound aus einem schnell programmierten uralten Drumcomputer. Dazu schreddert die Gitarre, was das Zeug hält, schrengelt auf Akkorden herum, lässt auch mal dem solierenden Gegniedel den freien Lauf, pulvert die schnellen Riffs heraus, verfängt sich gelegentlich sogar in so etwas wie einer Melodie. Der durch den Verzerrer gejagte Gesang vervollständigt den ersten Eindruck, es mit einer an Surf interessierten Garage-Punk-Band zu tun zu haben. Wäre da nicht das zwischengestreute hohe Gefiepe über „Satanic Thrills“.
Die meisten der zwölf Tracks sind um die zwei Minuten lang und tragen ungefähr diesen Sound, wüst, wild, ungehobelt, stumpf, amateurhaft; einzig „Birds Of Prey“ probt in Sachen Tempo temporär den Black Metal, nicht jedoch in Sachen Sound, und unter „Heat Death“ liegen einige wohlige Atmosphären. Dazwischen gibt es einige unter eine Minute lange Füller, die den Experimentiergeist Bouchers deutlicher hervorheben und so manchen spannenden Moment mitbringen. In „Perdition“ etwa liegt ein flächiger Synthie unter dem immer gleich bleibenden Beat, „Starlog Presents“ hat etwas von einem Intro zu einem Indie-Folk-Song mit harmonischem Keyboard, „Cat People“ könnte von den Sounds her tatsächlich aus der „Low“-Zeit von David Bowie stammen.
Was dem Album fehlt, ist primär Zeit. Boucher und Mroczek hätten sich gern etwas ausgiebiger mit dem Material befassen dürfen – und mit der Grundprämisse: Disco besteht nicht aus simplen Uffta-Beats, da fehlt zum Beispiel der zweitönige Discofox-Basslauf, wie hier überhaupt Bass fehlt. Auch Black Metal ist mehr als einfach nur den Verstärker auf Elf drehen und schrammeln, obschon die Figuren, die die Sechssaiter hier modellieren, eine an sich aussichtsreiche Basis für gute Songs darstellen. So wurde aus „Xoltergeist“ eher ein LoFi-Garage-Punk-Album, das seine Versprechen nicht hinreichend einlöst.
Nicht nur Mroczek, mit dem Boucher unter anderem bei Bleak Magician – auf KrautNick.de nachzulesen – zusammenarbeitet, sondern auch deren dritter Mann Weirding Batweilder guckte bei den Aufnahmen vorbei, indes nur für zusätzlichen Gesang. Als weiterer Gast ist ein eher ungewisser E. Appleton an Bass und Synthies dabei, mit dem Mroczek außerdem ganz neu das Ambient-Projekt Bicycle Deck betreibt. Umtriebig und vielseitig sind die Brüder ja, das muss man ihnen lassen! Und ganz weit weg vom Kitsch der Marke Ghost.