Von Matthias Bosenick (20.11.2024)
Die Vier steht im Zentrum der ersten EP, die der Brüsseler Sylvain Oswald Derez unter seinem Alias OWD veröffentlicht: „Four“ heißt sie, vier Stücke sind drauf und alle Tracks sind mit vierbuchstabigen Wörtern betitelt. Laut Info macht Derez Techno, doch sollte man sich da nicht ins Bockshorn jagen lassen: Davon ist „Four“ sehr weit weg. Rhythm’n’Noise, Glitch, Drone, IDM, der junge Tüftler tobt sich in Bereichen aus, die nicht eben mehrheitsfähig sind. Und das macht er auch noch gut.
Die EP startet mit „Wall“, einem – Überraschung! – vierminütigen Drone-Ambient-Track. Die Trackdauer behält Derez im Verlauf nicht bei, aber davon bleibt das Konzept ja grundsätzlich unangetastet. In „Rate“ wendet er erstmals Rhythmen an, aber komplett verschachtelt und geshreddet, mit Störsounds, Glitches und eher Dubstep-artigen Beats unter dem Lärm. Für „Rust“ zieht er das Tempo etwas an, die Beats wirken gerader, die Sounds bleiben ein elektronisches Stören. Es klingt, als sei ihm sein Aphex Twin kaputtgegangen.
Für „Glue“ wechselt Derez in den Galopp, die eiskalten Sounds dazu hetzten im wilden Ritt hinterdrein. Hier trifft die Kategorie Techno noch am ehesten zu, der Beat ist geradliniger, reichlich schnell und zur Bewegung animierend. Auf Melodien verzichtet Derez auf dieser EP durchgehend, er verlegt sich auf Soundscapes, Glitches und Drones. Ein bisschen Gaiden mag man wiedererkennen, vielleicht etwas aus dem Labor von Dirk Ivens, aber nichts, was man schlichtweg unter Techno wegsortieren würde. Dafür ist „Four“ zu dunkel, zu gebrochen, zu eigensinnig.
Mit „Four“ feiert der DJ seinen Veröffentlichungseinstand als OWD. Das steht nicht für Open Water Diving, den Ostwestfalendamm, den Track „Once Were Dancers“ von Brain de Palma oder das Kürzel für den Norwood Memorial Airport, sondern für Os.wald Derez, also ohne Sylvain. Unter seinem Klarnamen erscheint Derez unter anderem auf Compilations der Brüsseler Ecole Supérieure de Réalisation Audiovisuelle, wo er Komposition und Sound Engineering studierte, sowie als Score-Komponist für die 48-sekündige Animationsfilm-Effekt-Übung „Just Kids“. Außerdem gründete er das DJ-Kollektiv Doppelgänger (doppelganger.bxl).