Von Guido Dörheide (29.10.2024)
Nachdem der begabte, beliebte und sympathische Trevor Strnad im Jahr 2022 verstarb, vermutlich durch Selbstmord, war zunächst nicht klar, ob seine wunderbare Band Black Dahlia Murder (benannt nach einem ungelösten Mordfall aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts, der einem alle Nase mal über den Weg läuft, so zum Beispiel in der Serie „American Nightmares“, für deren Empfehlung ich der Liebsten ausgiebig dankbar bin, aber ich schweife ab und bitte dafür um Entschuldigung) ohne ihren – und das schreibe ich jetzt bar jeglicher abgeschmackten Ironie – charismatischen Frontmann weitermachen würde. Die Entscheidung, die Arbeit der Band in Trevors Sinne fortzusetzen, fiel glücklicherweise schnell und nun gibt es also auch ein neues Album. Dafür wechselte der bisherige Rhythmusgitarrist (und neben Trevor auch Gründungsmitglied) Brian Eschbach ans Mikrofon und wurde an der Gitarre durch Ryan Knight ersetzt, der auf den Alben „Deflorate“ (2009), „Ritual“ (2011), „Everblack“ (2013) und „Abysmal“ (2015) die Leadgitarre bediente.
Eschbach tritt Strnads Nachfolge echt gut und überzeugend an, eigentlich hört er sich an wie sein Vorgänger, dessen musikalisches Vermächtnis hier also in echt guten Händen ist. Musikalisch gibt es ebenfalls keinen Bruch, sondern eher eine behutsame Weiterentwicklung des bisherigen Sounds. Das bedeutet: Ratterndes Schlagzeug (Alan Cassidy, dabei seit „Everblack“), schnelle Gitarrenriffs (bei denen Brandon Ellis und Ryan Knight sich prima ergänzen), schöne songdienliche Soli (Brandon Ellis ist nicht nur für diese, sondern auch für die ganz hervorragende und wie sagt man immer? knochentrockene Produktion, das Toningenieurwesen und die Abmischung zuständig), Gesang irgendwo zwischen keifendem Kreischen und gemütlichen Growlen und ein Bass, der alles zusammenhält (Danke, Max Lavelle!). Und das Ganze wie immer komprimiert in weit unter 40 Minuten. Langweilt nicht, geht nach vorne los und klingt trotz aller Härte auch immer irgendwie positiv und macht beim Hören einen Heidenspaß.
Das trifft eigentlich auf alle Titel zu, dennoch an dieser Stelle noch einige Anmerkungen zu meinen persönlichen Highlights des Albums:
Und die beginnen gleich am Anfang: Das Intro zum ersten Song („Evening Ephemeral“) mit Windrauschen und einer behutsam gezupften Akustikgitarre, die dann vom hektischen Schlagzeug und allen elektrisch verstärkten Instrumenten sowie einem energisch keifenden Gesang abgelöst wird, stimmt prima auf alles ein, was danach noch so kommt. „Panic Hysteric“ beispielsweise, das irgendwie das erste Stück einfach fortsetzt, was passig ist, weil es sich gut anhört und schön klingt. Auf „Aftermath“ wird das Tempo einigermaßen angezogen und Alan Cassidy trommelt sich die Seele aus dem Leib, dennoch wird nicht auf Melodien verzichtet. Klasse. „Cursed Creator“ ist weniger schnell, dafür aber saumäßig groovig und wartet mit tollen Twin-Guitar-Riffs auf. „Asserting Dominion“ rattert schnell vor sich hin und wieder duellieren sich die beiden Gitarren auf das Vortrefflichste. Das anschließende Titelstück „Servitude“ klingt barsch, aggressiv und gut, außerdem wird hier schon mitten in der Strophe soliert, was den Eindruck eines gepflegten Durcheinanderredens der einzelnen Akteure erzeugt und dennoch nicht stört. Im Gegenteil. „Mammoth’s Hand“ beginnt ruhiger und ist melodietechnisch ein ziemlich großer Wurf, liefert gegen Ende schön langsame Soli und Eschbach keift schön aggressiv und wird dabei vom düster growlenden Backgroundgesang aufgefangen. Auf „Transcosmic Blueprint“ wird es dann nochmal schneller, härter und weniger melodiös, und mit „Utopia Black“ beschließt ein grooviges Stück das Album, bei dem sich vorwärtstreibender, rhythmusbetonter Gesang und beinahe schon kitschige Soli die Klinke in die Hand geben. Und an diesen Riffs während der Strophen mit diesem bollernden Bass im Hintergrund, die den Sänger anscheinend recht erfolgreich vor sich hertreiben, um dann in diese tollen Soli zu münden, kann ich mich gerade nicht so recht satthören. Ganz am Ende kommt dann nochmal die Akustikgitarre zum Einsatz und beendet das Album ebenso stimmungsvoll, wie es begonnen hat. The Black Dahlia Murder ist eine meiner allerallerliebsten Melodic-Death-Metal-Bands, die mir zu überhören ich kaum in der Lage bin; bei diesem Genre mag ich den Sound aus Detroit, MI irgendwie noch lieber als den aus Göteborg, SWE, und ich freue mich total, dass die Band so überzeugend weitermacht und Trevors Erbe in respektvoller und latent innovativer Manier so dermaßen hochhält.