Von Matthias Bosenick (25.10.2024)
Dunkel-doomige und ohnehin ungewöhnliche Musik ist auch mit anderer Instrumentierung als Gitarre-Bass-Schlagzeug möglich, zum Beispiel reichen den Australiern Black Aleph Streichinstrumente und Percussion aus, um im Verbund mit einer Gitarre ein dichtes, düsteres, schweres, mächtiges Album wie „Apsides“ aufzunehmen, zwischen Postrock, Drone, Doom und Kunst. „Apsides“ ist das Debüt des Trios, dem Jahre an Entstehungszeit vorangehen – und man hofft sehr, dass es bis zum Nachfolger etwas schneller geht.
Drei Leute, im Rockbereich eher kuriose Instrumente: Lachlan R. Dale ist mit seiner Gitarre noch recht gewöhnlich ausgestattet, zusätzlich besorgt er die Effekte, steht in der Info, ohne den Hinweis, um welcher Art Effekte es sich dreht. Peter Hollo ist mit seinem Cello schon eher nicht so rockig dabei, aber Timothy Johannessen übertreibt es mit der arabischen Rahmentrommel Daf und der persischen Langhalslaute Setar. Ist das noch Rockmusik? Wenn dann noch für einen Track mit Natalya Bing eine zusätzliche Cellistin sowie für drei Tracks mit Jessika Kenney eine Sängerin, die indes keine Texte vorträgt, sondern ihre Stimme als zusätzliches Instrument einbringt, hinzukommen, wird es noch uneindeutiger.
Auf dieser Basis also erstellen Black Aleph ihre Musik. Die ist dicht, dunkel, dräuend, doomig, wechselt in der Intensität, hat einige hypnotisch-repetitive und einige dronige Passagen, auch mal eine flirrende Postrock-Gitarre und einige Soundscapes. Es kommen einem diverse Analogien ins Bewusstsein, während man das Album genießt: Exotische Instrumente in abstrakter harter Rockmusik kennt man von Jambinai, Streichwerkzeuge im Postrock unter anderem von Sigur Rós, Drones vergleichbarer Art von Sqürl, dunkle Streichereinsätze vom Kronos Quartet. Alles sympathische Quellen also, aus denen Black Aleph ihre Inspiration schöpfen.
Und etwas Eigenes draus stricken: Der Sound dieser sieben Tracks erzeugt in langen Wellen eine Auf-und-ab-Bewegung, die sich erhebenden schweren Brecher sind mit filigraneren Ausläufern verbunden. Den Gipfel erreicht der Wellenberg mit „Precession“, das mächtig wuchtig daherkommt. Grundsätzlich sind die Tracks des Trios wohl als experimentell zu klassifizieren, als abstrakt womöglich ebenfalls, doch gelingt den drei- bis fünfen eine Musik, die dennoch positive Gefühle weckt, weil sie einfach schön und fantastisch gelungen ist.
Nun ist „Apsides“ zwar ein Debüt, doch sind die daran Beteiligten keine Neulinge mehr. Dale etwa betreibt gleich mal das Label Art As Catharsis und spielt ansonsten bei den Sludge-Doomern Adrift For Days, den psychedelischen Drone-Progern Hashshashin und den experimentellen Prog-Metalern Serious Beak. Hollo ist Mitglied im Streichquartett FourPlay, im Weltmusik-Postrock-Projekt Memory Drawings, in der Kammerpopgruppe Peccadillo, in der Electro-Jazz-Band Tangents sowie im Jazz-Kunst-Projekt Close To Forever. Auch Johannessen hat bereits zahlreiche Projekte auf dem Zettel, aber offenbar nur lose, dafür gilt er indes als Experte in Sachen Kultur aus dem Iran. Bing war bereits via Dale an Alben von Hashshashin beteiligt und Kenney als experimentelle Sängerin weltweit in haufenweise Projekten und Albumproduktionen, häufig mit Eyvind Kang. Hier kommen also vorzügliche Backgrounds zu einem noch vorzüglicheren Ergebnis zusammen. Und das alles ohne Bass – und in nur 30 kompakten Minuten.