Von Matthias Bosenick (02.10.2024)
Von wegen, das rheinmainische Quartett Giants Dwarfs And Black Holes ist musikalisch an die Siebziger angelehnt: Sicher, die Wurzeln psychedelischer und progressiver Rockmusik finden sich auch auf dem dritten Album „Echo On Death Of Narcissus“ sehr ausgeprägt, aber strukturell ist die Musik doch wesentlich moderner, in ihren sonstigen Zutaten ebenso, solch eingestreute Riffs etwa gab es in dem Sound vor 50 Jahren noch nicht, und überhaupt, die vielfach überschrittenen Grenzen, das Selbstbedienen bei allem, was ansonsten noch so mit Rock’n’Roll-Instrumentarium machbar ist. Dazu der changierende Gesang von Christiane Thomaßen, die ihre Stimme sogar mal ins Soulige bringt. Ab ins All, da knistert die Sportzigarette!
Auch der Sound der Instrumente klingt moderner als die Siebziger, die Drums bisweilen fett wie im Metal, aber nicht so eingesetzt, beispielsweise. Desgleichen: Die Art, wie die sich selbst als GDABH abkürzenden Musizierenden das klassische Rockinstrumentarium verwenden, weicht von der von vor 50 Jahren ab, da existierten manche Spielarten noch nicht, Post Rock, Indie Rock, Stoner, Desert Rock, sowas; andere hingegen schon, Jazz, Hard Rock, Garage, Blues und selbstredend alles in Richtung Psychedelik, Prog, Kraut und Space Rock. Ja, ist alles drin in „Echo On Death Of Narcissus“, aber GDABH sind gewitzt genug, nix zu übertreiben – sie entwickeln einen Fluss, in dem alle Zutaten wellenartig und entspannt herumtreiben.
In lediglich fünf Tracks gestalten die vier ihr Echo auf Narziss‘ Tod, strecken diese aber auf fast eine Dreiviertelstunde, wie es sich gehört. Dennoch kommt einem das Album als viel zu kurz vor, den Trip würde man glatt noch länger begleiten. Was eben daran liegt, dass die Band ihre Tracks nachvollziehbar, spannend, unvorhersehbar, nicht überfrachtet und fein austariert gestaltet und mit den genannten Mitteln eine musikalische Geschichte erzählt, so mitnehmend, dass man sie ungern enden lässt. Zu allem gibt’s diese wandlungsfähige Stimme, die die Rockröhre ebenso bedient wie die Soul-Croonerin.
Diese Giants Dwarfs And Black Holes gibt es seit fünf Jahren, und in der Zeit spielte das Quartett bereits ihr drittes Album ein. Für dieses hatte es indes eine Umbesetzung zu bewerkstelligen: Christiane Thomaßen trat für Pia „Luzzi“ Deckert ans Mikrofon, Caio Puttini Chaves übernahm die Gitarre von Roland Smigerski. Geblieben sind Bassist Tomasz Riedel und Schlagzeuger Carsten Freckmann. Interessant sind die Nebenschauplätze der Musizierenden: Riedel spielte in Polen Death Metal mit Thorneum, Freckmann trommelt bei der experimentellen Prog-Punk-Indierockband Art & Weise, lediglich die beiden Neuzugänge sind bisher nicht in anderen Kontexten googlebar.
Während man sich noch über die vermeintlich falsch gebildete Mehrzahl der Dwarves wundert, stellt man bei der Recherche fest, dass sich das Quartett da auf Himmelskörper mit märchenhaften Bezeichnungen – Rote Riesen und Weiße Zwerge – bezieht und quasi Wortspiele betreibt, was zudem das Schwarze Loch in der Reihe erklärt, denn astronomisch stimmt die Mehrzahlbildung Dwarfs. Ab ins All geht’s mit der Musik ohnehin wie von allein.