Von Matthias Bosenick (30.01.2024)
Nach und nach bringt das Label Bitume Prods die ganzen bislang lediglich online verfügbaren Alben von Julien J. Neuville alias Adunakhor Z. alias Adz heraus. Seine Projekte Kaamosmasennus und Salaman Isku liegen bereits auf CD vor, jetzt schließt sich Reflecting The Light an: Wie gewohnt im Alleingang spielte der Franzose ein instrumentales Album aus Post Rock und Post Black Metal mit Opulenz und Pathos ein, das mehr auf große Gesten setzt als auf Trveness und auf dem er die gar nicht so dunkle Atmosphäre mit Synthies dick unterstreicht. Man sieht nordische Heroen die Schwerter in den von Nordlichtern durchzogenen Nachthimmel recken und verspürt den unterschwelligen Wunsch, sich ihnen anzuschließen. Nach „Reflecting The Light“ darf also davon ausgegangen werden, dass sich Bitume in absehbarer Zeit auch Neuvilles weiteren Projekten .eterniteduchaos. und Thy Apocalypse zuwenden wird.
Beachtlich, wie diese Opulenz aus nur einer Person herausfließt. Zunächst startet Neuville noch synthetisch mit einer Ambientfläche, in die er bedächtig das Metal-Instrumentarium eindringen lässt. Synthies und Gitarren bilden eine himmelsstürmende Einheit, in der große Gefühle mitschwingen, Sehnsucht, Wehmut, Siegesgewissheit, Dringlichkeit. Man fühlt sich wie in einem von Hans Zimmer unterstrichenen Film, nur dass man es hier mit Metal zu tun hat, denn Neuville entlockt seinen Saiteninstrumenten auch Riffs, die er rhythmisch zu Rockstücken ausbaut und sie mit der Opulenz wahlweise kombiniert oder abwechselt. So richtige Black-Metal-Ausbrüche mit Blastbeats bekommt man hier nicht oder nur selten, im zweiten Track – die fünf Stücke sind römisch beziffert, ähnlich verfuhr der Musiker bereits auf dem dritten Album „Fragment Troisième“ von Thy Apocalypse, dort mit sieben Tracks – brettert Neuville nach der Mitte erstmals kurz los, um dann wieder in den höchsten Höhen zu tirilieren.
Der Spagat aus Metal und einer undefinierten Art von Pop – Neuville spielt keine Melodien, sondern Flächen – funktioniert hier überraschend gut. Anders: Es überrascht beim Hören, dass man dieses Paradoxon zwar wahrnimmt, dass einem das Ergebnis aber doch gefällt. Das im Geiste erscheinende Wort „Kitsch“ wischt die Seele rigoros vom Tisch. Neuville schlägt beim Hören etwas an, auf das man wie Pawlows Hund mit dem Wunsch nach mehr reagiert. Auf „Reflecting The Light“ generiert Neuville eine angenehme Atmosphäre, selbst in der hörbaren Nachtschwärze ist die Musik von Licht und Wärme durchzogen. Im Verlauf neigt Neuville seinen Black Metal zusehends in Richtung Post Rock, indem er die hoch gespielte Gitarre nicht mehr als Fläche einsetzt, sondern im für das Genre typischen Flirren, er die Töne also schnell, aber wahrnehmbar bis ins Unendliche Wiederholt. Und hinter allem thront das Keyboard, das an anderer Stelle sogar die Oberhand gewinnt und aus allem kurzzeitig reinen Ambient macht.
Und als man gerade denkt, dass man nach IV Stücken dieser Bauart von diesem Pathos doch etwas genug hat, ändert Neuville für den Abschlusstrack die Richtung. „V“ groovt bei vergleichbarer Spielart geerdeter, mehr auf dem Boden als die Tracks davor. In Grundzügen könnte es auch von den späteren Fields Of The Nephilim sein, auf „Mourning Sun“ hätte es gut gepasst. Wie auch die anderen Alben von Neuville ist „Reflecting The Light“ jede Aufmerksamkeit wert, die es durch die CD-Veröffentlichung erfährt.