Von Matthias Bosenick (13.12.223)
Die hörbare Ähnlichkeit zu Traffic und anderen hippieesken Beatkapellen versteckt der Schweizer Schlagzeuger mit dem musikalischen Namen Rémy Sträuli gar nicht erst: Er nennt das zweite Album seines Solo-Projektes Yonder Pond „Mole In My Shoe“, was auch dem Humor des Originals noch eines draufsetzt. Mit Schalk im Nacken also, auch erkennbar an den fiktiven Musikern dieses Projektes, macht sich der Mann aus Basel daran, seinen bekifften Vorbildern nachzueifern, und die Pastiche gelingt ihm überzeugend: Beatles, Zappa, Krautrock, Hipperock, Artrock mischt er auf eine Weise zusammen, die es so damals nicht gab – das ist das Glück der Spätgeborenen, die sich bei Bestehendem mehrerer Töpfe bedienen können.
Unharte Rockmusik mit Gitarre, Bass und Schlagzeug – natürlich, der Schlagzeuger ist der Kopf hinter Yonder Pond – ist das Fundament, auf dem Sträuli mit Klavier, Flöten und Streichern arbeitet und die genannten Einflüsse in einen gemeinsamen Kontext bringt. Versponnen kommt einem als Begriff ins Bewusstsein, wenn man die sieben Songs hier hört, und diese Versponnenheit borgt er sich bei Traffic ebenso aus wie bei den Beatles, als sie begannen, mit den Drogen herumzuspielen. Den Britpop-Beat findet man hier ebenfalls wieder, den auch die Kinks und andere englische Kapellen in den Sechzigern den Britpoppern der Neunziger und Nuller schenkten. Die Brüche im Songfluss hat er von den Hippies, die bald hierhin, bald dorthin griffen, um Feen und Elfen einzufangen, und von Frank Zappa, dessen weiße Kaninchen lysergbunt waren und die ihre Haken nicht übers Feld, sondern durch Wurmlöcher schlugen; dieser Einfluss wundert nicht, wenn man weiß, dass Sträuli Mitglied der band Fido Plays Zappa ist.
Die Planeten, die Sträuli da besucht, sind dabei nicht allein zwischen Beat und Hippietum angesiedelt: Klar geben die Flöten einmal einen klaren Hippie-Folk-Ton an, doch kann das Klavier auch den Boogie, die Neoklassik und den Ben Folds, kriegen die Streicher den Bogen weg vom Kitsch hin zu hübschen Popsonguntermalung, generieren Orgeln eine retrofuturistische Siebziger-SciFi-Soundtrack-Anmutung, drücken irgendwelche klassischen Blasinstrumente dem Sound plötzlich etwas Rondo Veneziano auf, driften die Gitarren mal in psychedelische Gefilde. „Mole In My Shoe“ ist eine Wunderkiste.
Größte Verwunderung empfindet man vermutlich dafür, dass dabei trotz aller Experimentierfreude auch schöne Songs herauskommen. Können. Eingebettet in den Kreativitätsfluss, den humorbasierten. Den lebte der Spaßvogel auf seinem Debüt „Pondering Aloud“ 2017 noch dergestalt aus, dass man ihn für bare Münze nahm: Yonder Pond sei ein Trio, bestehend aus Schlagzeuger Remily Layne, Sänger Emyr Taurelis und Keyboarder Rembrandt van der Straal, hieß es damals. Nur: Alle drei Personen waren Rémy Sträuli, wie sich rückblickend einigermaßen leicht an den Namen erkennen lässt. Damals glaubte man ihm. Heute hat er noch Gastmusiker dabei: die Gitarristen und Bassisten Pascal Grünenfelder und Stefan Strittmatter von der Band Universe By Ear, die Violinistin Ines Brodbeck und den Flötisten Markus Stauss. In diese Humorschiene passen auch viele Inhalte und Songtitel, abgesehen natürlich vom offensichtlichen Anklang an Traffic im Albumtitel: „Putting Things On Top Of Other Things“ könnte auch ein Sketch von Monty Python sein, eine vierteilige Suite betiteln mit „Suite alors!“ kommt schön aus der Hüfte. Und klingt alles auch noch gut.