Von Guido Dörheide (18.07.2023)
King G & The LW sind wahrscheinlich keine Menschen, sondern irgendwelche Reptiloiden, die auf ihrem Weg zur Ansichreißung der Weltherrschaft alle gefühlt 14 Tage einen neuen Tonträger in die Regale des Radiohauses (Radiohaus ist ein Wort, das meine jüngere Tochter erfunden hat. Sie meint damit den Elektrofachmarkt im Gewerbegebiet Heinenkamp an der A39) stellen. Anders kann man sich a) diesen Output und b) dieses Zuhausesein in gefühlt 100 Genres nicht erklären.
Umso mehr nimmt es Wunder, dass KGLW erst zu Beginn der zweiten Jahreshälfte ihr erstes 2023er Studioalbum herausbringen. Was war los? Schreibblockade?
Mit „Petrodragonic Apocalypse; Or, Dawn Of Eternal Night: An Annihilation Of Planet Earth And The Beginning Of Merciless Damnation“ bereichern KGLW das Gizzverse mal wieder um ein Metal-Album, und fürwahr, was für ein Monolith des Metal manifestiert sich hier! Schon das 2019er „Infest The Rats‘ Nest“ wurde mit dem Etikett „Thrash Metal“ beklebt, ohne dass das auch nur annähernd dem Album gerecht werden konnte. Ähnlich verhält es sich mit „Petrodragonic Apocalypse….“ (anscheinend orientiert man sich in Australien bei der Albenbenennung an Fiona Apple): Die Gitarren ertönen metallisch, das Schlagzeug klingt hart, aber irgendwo hört man dann zwischen allen Gitarrensoli doch wieder diverse Orgeln heraus, und der Sänger Stu MacKenzie kann niemals verleugnen, dass er im Psychedelic Rock verhaftet ist. Gerade das macht die unwiderstehliche Charmanz eines Metal-Albums aus dem Hause King G & The LW aus: Alle Metal-Ingredienzien sind vorhanden, alle Instrumente sind virtuos gespielt, das Songwriting ist über jeden Zweifel erhaben, aber dennoch schleicht sich beim Hören die Frage ein: Ist das wirklich Metal? Nein, es ist „nur“ ein wieder anderer – metallischer – Teil des „Gizzverse“, also des KG&TheLW-Universums. Um hier bloß keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Das, was hier passiert, ist Metal, aber es ist auch gleichermaßen Psychedelic Rock, es beinhaltet die für King Gizzard & tLW typischen mikrotonalen Tonintervalle, es ist trotz aller Härte niemals verstörend, sondern hypnotisch-in-den-Bann-ziehend, und dass hier nur 7 Songs in knapp 50 Minuten auf die Hörenden eindonnern, fällt kaum auf, da King G And The L W soviel Kurzweil erzeugen, dass es Raum und Zeit krümmt.
Wenn diese Formation Metal macht, wird nicht nur einfach hart drauflos geknüppelt, sondern in jeder einzelnen verdammten Sekunde des Albums ertönen Melodien, die die Hörenden fesseln, egal ob als Riff oder als Solo.
Die Texte funktionieren sehr gut zusammen mit der Musik, alles klingt authentisch und aus einem Guss – auch wenn ich kein Wort verstehe. Aber Zeilen wie „Supercell (Supercell) – The bombshеll carousel raising hell“ passen einfach zur Musik wie die Faust aufs Butterbrot, das dann noch verstehen zu können, wäre einfach zu viel verlangt.
Und so bleibe ich offenen Mundes und staunend zurück ob dieses unglaublichen Füllhorns aus Metal, Psychedelic Rock und schierem Wahnsinn, den King Gizzzard & The Lizard Wizard hier auf mich herabregnen, ach was sage ich – hageln ließen. Ach so ja – um welche Art Metal handelt es sich auf „Petrodragonic Apocalypse; Or, Dawn Of Eternal Night: An Annihilation Of Planet Earth And The Beginning Of Merciless Damnation“? Schwer zu sagen. Da ist Thrash drin, klassischer Heavy Metal (was sich vor allem in einigen Soli offenbart), altmodischer Speed Metal – die Australier haben sich nicht vorrangig in den USA inspirieren lassen, sondern auch in Europa, und dort vor allem in UK und der BRD, weniger in Skandinavien – und ein Riesenhaufen Psychedelic. Es ist also Prog Metal. Und zwar sehr sehr guter Prog Metal.