Searching For Sugar Man – Malik Bendjelloul – GB/S 2012

Von Matthias Bosenick (26.04.2013)

Ein netter Film, hübsch anrührend, positiv, gemütlich, gefühlsecht. Der erfolglose Songwriter Sixto Rodriguez aus Detroit erscheint hier als sympathischer Ruhm- und Kommerzverweigerer voller Demut, untypisch für unsere Zeit. Die Dokumentation zeigt auch die Suche einiger südafrikanischer Fans nach dem für tot gehaltenen Sänger. Dafür gab’s zuletzt einen so genannten Oscar. Betrachtet man indes die erzählte wahre Geschichte, stellt man fest, dass die nicht allzu umfangreich ist – und einige Fragen aufwirft.

Hintergrund ist dieser: Der schwedische TV-Doku-Regisseur Malik Bendjelloul wurde irgendwie auf die Geschichte aufmerksam und hielt sie für verfilmenswürdig. Seltsamer Fakt eins: Die Geschichte mit der Suche nach Rodriguez ereignete sich bereits 1998. Seltsamer Fakt zwei: Die Suche im Jahr 1998 bezog sich auf den Erfolg des Musikers in den 70er Jahren in Südafrika. Seltsamer Fakt drei: Die Suchenden waren, obgleich in der Prä-Internet-Zeit einiges an Recherche weniger einfach war, in ihren investigativen Mitteln arg beschränkt.

Andersherum angefangen: Rodriguez nahm 1970 bis 1973 zwei LPs auf, die sich in den USA so gut wie gar nicht verkauften. Eine dritte LP verwirklichte er nie. Stattdessen verschwand er nach einigen dünn besuchten Touren von der musikalischen Bildfläche und arbeitete bei einer Abrissfirma. Das wiederum wusste niemand, in den USA nicht, weil ihn niemand vermisste, und in Südafrika nicht, wo er ein unbekannter Megastar war.

Über kaum nachvollziehbare Kanäle war eine seiner LPs ans Kap gelangt und dort zum Anti-Apartheids-Soundtrack avanciert. Sein Debüt wurde von drei Plattenfirmen nachgepresst, in jeder südafrikanischen LP-Sammlung taucht das Album auf, jeder verbindet etwas mit den Songs, Rodriguez ist größer als Elvis, die Beatles und die Rolling Stones. Aber als Person unbekannt. Das fiel dann in den 90ern auch endlich mal jemandem auf. Ein südafrinakischer Fan und ein US-Journalist machen sich nur auf die Suche nach dem Verbleib des Musikers, der sich nach Gerüchten auf der Bühne verbrannte, erschoss oder sonstwie umbrachte.

Da begann die Recherche-Odyssee, das hätte Bob Andrews besser hinbekommen: Zunächst versuchten sie, den Geldflüssen aus dem LP-Verkauf auf die Spur zu kommen. Damit endeten sie bei einem Labelboss, der von den fälligen Tantiemen nichts wusste und dem sie auch egal waren. Okay. Kann man so machen. Es steht aber noch der Name des Produzenten auf der Platte, und der wusste immerhin etwas mehr, zum Beispiel, dass Rodriguez noch lebte. Mit Milchtütenfahndung und einem in den USA geleakten Zeitungsbericht wurde eine der Töchter von Rodriguez auf die Suchenden aufmerksam. Und man denkt sich: Warum nicht gleich und groß in der Zeitung im Heimatland des Gesuchten? Mit hunderttausenden verkaufter LPs als Argument ließe sich da sicherlich ein interessiertes Medium für die Geschichte finden. Die Tochter nun stellt endgültig den Kontakt zum ahnungslosen Rodriguez her, und alles ist gut, so gut, dass der bescheidene Mann hernach in Südafrika ausverkaufte Konzerte in Megahallen spielt. Und trotzdem wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. 1998. Und nach den vier folgenden Touren. Reich wurde nicht er, sagt die Tochter, sondern die Bootlegger. Und weltweit in Musikerkreisen bekannt wurde die grandiose Geschichte vom wiedergefundenen ahnungslosen Megastar 1998 auch nicht. Sondern erst heute.

Ja, Herzschmerz, alles gut, wohlig, kuschlig, anti. Ja, der Film ist toll. Die Figuren, die der Regisseur plappern lässt, erzählen lustige bis launige Geschichten. Das Tempo stimmt. Und die Musik ist immerhin okay, mit der Story wird sie gar besser. Als Biopic hätte der Film vermutlich nicht funktioniert, so wie die meisten Biopics irgendwie nicht so richtig funktionieren. Und bei allem ist die Geschichte so unglaubwürdig, als wäre man Arnold Hau auf der Spur.

Ein Gedanke zu „Searching For Sugar Man – Malik Bendjelloul – GB/S 2012

  1. Wenn man einen Menschen wie Rodriguez so gar nicht erfassen kann, sollte man einfach schweigen und sich nicht mit veraechtlichem Geschreibsel profilieren wollen. Klappt eh nicht.

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