Von Matthias Bosenick (02.11.2022)
Als Monovoth allein Mucke macht Multitalent Lucas Wyssbrod, um von Buenos Aires aus seine Version von Doom in ein selbstbetiteltes Album zu gießen. Der Gießvorgang dauert, seine Musik fließt zäh, dunkel, sie quillt, unerbittlich, dicht, warm, dick, emotionsgeladen, zerstörerisch, langsam, bedrohlich, leer. Wyssbrod beherrscht vielzählige Stile rund um Doom und er spielt sie allesamt aus. Nicht ganz so allein, wie man es bei einem Ein-Personen-Projekt erwarten würde: Viele Freunde steuerten Details bei, darunter die Covermalerin. Zu dieser metallischen Schwärze kann man bestens entspannen und auf Alptraumreise gehen.
„Monovoth“ ist – bis auf eine Lesung – rein instrumental gehalten, Emotionen – also alles ab Melancholie abwärts – transportiert die Musik auch ohne Texte bestens. Denn Wyssbrod schlägt ebenso einfach nur die Gitarre spärlich an, wie er das volle Orchester auffährt, und dazwischen ist alles möglich – und geschieht auch. Aus der Leere der Depression heraus ertönt die einsame tiefergestimmte Gitarre und bereitet einem Bandsound den Weg, in dem auf fuzzy Riffs gebettete repetetive, fragmentarische Melodien die Düsternis nur schwärzer erscheinen lassen. Im Hintergrund generiert Wyssbrod dabei gelegentlich eine Wucht, die man von einer Einzelperson nicht erwartet hätte: Er selbst ist sich (weitgehend) Band genug, um einen fetten Sound zu generieren. Beachtlich!
Und glasklar produziert, hier klingt jedes Instrument deutlich heraus, alles hat den Raum, den es braucht, nichts versinkt in Pappe. „Monovoth“ ist weit weg von den klassischen Ein-Personen-Projekten, die ihre Musik am heimischen Vierspurgerät zusammenbauten. Beim Sound erhielt Wyssbrod Unterstützung von Sebastian Barrionuevo, der in den zurückliegenden Jahren diverse Bands rund um Buenos Aires im Sound veredelte. Weitere Gäste auf diesem Debütalbum sind das ehemalige Sunless-Mitglied Andrew Notsch, der die besagten Spoken Words im Track „Hands“ beisteuerte sowie in „The Key“ Synthesizer spielt, Avernal- und The-Killing-Gitarrist Federico „Fede“ Ramos, der für „Tace Dolorem“ die akustischen und elektrischen Gitarrenparts komponierte und einspielte, der in diversen Bands wie Avernal, The Killing und FinDuMonde aktive und aktiv gewesene Sebástian „Seba“ Barrionuevo, der hier in „Laesura“ Gitarre spielt, Franco Colautti, hier mit gleich drei Instrumenten, darunter Mandoline, im noch am ehesten an Folklore erinnernden Rausschmeißer „Cerro Sangre“ in Erscheinung tritt. Und Künstlerin Andrea Navarro, deren Covergemälde Wyssbrod zu diesem Album inspirierte.
Auf diesem Gemälde nun macht Wyssbrod eine weibliche Gottheit aus, die von einem interstellaren Kult angerufen wird; diese katholizismuskritische Idee bildet eine Grundlage zu den sieben Tracks. Musikalisch erinnert sein Doom, Sludge, Drone, Dark Ambient, Post Metal an keine konkrete andere Band, er nimmt sich vielmehr, was ihm seine Geschichte am passendsten transportiert. Natürlich lässt sich etwas Neurosis erahnen, aber auch Projekte wie The Black Yo)))ga Meditation Ensemble lassen sich heraushören. Doch bleibt Wyssbrod ganz bei sich, was nur für seine Musik spricht.
Zuvor betrieb Wyssbrod das Projekt Mostro, mit dem er seit 2020 vereinzelte Singles und EPs herausbrachte. Mit Monovoth kommt er zudem auf zwei Split-Veröffentlichungen, nämlich „Orbiter/Lock“ mit Wtlnds aka Wetlands aus Toronto sowie „Ambient Communion II“ mit Einsamkeit aus Costa Rica, Altum und Marishiten aus Frankreich – beides Compilations, die ausschließlich Ein-Personen-Projekte repräsentieren. „Monovoth“ belegt, dass man auch allein Großes bewirken kann.