Von Matthias Bosenick (12.04.2022)
Man muss einfach das Wort „vielsaitig“ verwenden, wenn man über Harry Payuta spricht. Sein neues Album „Black Match“ spielt er in Triobesetzung ein und greift darauf sowohl auf bereits veröffentlichte Stücke seiner dreißigjährigen Karriere als auch auf Neukompositionen zurück. Wissen muss man, dass der Bremer Gitarrist zeitgleich der Meister der Sitar ist, um grob abzuschätzen, welchen Stellenwert das Album hat: Allein in der Instrumentenwahl ist ja das Weltenbummlertum verankert, zusätzlich ist er auch physisch ein Globetrotter, eben erst aus Spanien und Lateinamerika zurückgekehrt, um diese Quasi-Werkschau einzuspielen. Chilliger, abgehangener, nicht zu sehr verzerrter, gutgelaunter, zeitloser klassischer Rock mit Weltmusiktouch, detailreichen Arrangements – und Ausdauer: Das Album hat 21 Songs und dauert rund 77 Minuten. Das erfordert Sitzfleisch.
Die im Bandnamen genannten Freunde sind Bassist Ralf Markardt, ansonsten unter anderem aktiv beim Tripleback Swing Trio, und Schlagzeuger Jens Kolweih – den Rest übernimmt der Bandchef selbst, also Gitarren und elektrifizierte Sitars sowie anteilig vom Bassisten begleitet auch den Gesang. Bei Payuta mischen sich die Einsatzformen seiner Saiteninstrumente: Die akustische und die elektrische Gitarre spielt er relativ klar und eher in höheren Tonlagen und die von sich aus höher gestimmte Sitar wiederum fast wie eine Gitarre. Wichtig ist dem Bremer dabei, sie nicht so einzusetzen, wie man es als westlicher Eskapist seit den Sechzigern aus Indien zu kennen meint. So jedenfalls sind die Stücke gefühlt in einer Stimmlage gehalten und sich oberflächlich sehr ähnlich; anders gesagt: Payuta hat einen komplett eigenen Sound. Unterschiede tragen die Lieder jedoch reichlich in sich, und zwar in den Kompositionen.
Grundsätzlich sind die 21 Stücke hier gediegen, entspannt, frei von Härte, Hetze, Heftigkeiten. Manche Songs erinnern ans AOR-Classic-Rock-Radio, andere an exotische Fingerspielereien, einige könnten abends am Lagerfeuer geklampft werden, und doch versteckt das Trio so manche Besonderheit in der Musik, die Feinheiten liegen also im Detail, mit kleinen Licks und nicht erwartbaren Fills. Und obwohl Payuta aus rund 30 Jahren schöpferischer Tätigkeiten schöpft (solo und mit der Band The Vee-Jays), verpasst das Trio den Songs einen homogenen Anstrich, der keinerlei Alterserscheinungen durchlässt; bei dieser Art Zeitlosigkeit ist das aber auch kein Wunder. Bei den meisten Stücken handelt es sich um gesungene Lieder, einige sind rein instrumental; „Santuario“ etwa gehört dazu, und das lehnt sich im Refrain sehr an „Paranoid“ von Black Sabbath an, ohne auch nur so düster oder so heavy zu sein. Kurioserweise kennt man Payuta auch aus dem Indierock- und Neokraut-Umfeld, stellt er sein Instrumentarium doch auch Tom Redeckers Projekten Sun Temple Circus und The Electric Familiy zur Verfügung. Ganz abgesehen davon, dass The Vee-Jays Ende der Achtziger auf einem Promo-Split-Tape mit Arts & Decay zu hören waren – genau, der Gothic-Rock-Band aus Karlsruhe.
In dieser Gleichförmigkeit liegt dann aber auch die Herausforderung dieses Albums: Es fehlt an tiefen Tönen, an Verzerrung, dafür sind sich die Songs im Sound doch zu ähnlich, um den Hörer kontinuierlich bei der Stange zu halten und sich die 21 Tracks in fast anderthalb Stunden bewusst konzentriert anzuhören. Nebenbei gehört indes stört seine Musik nicht, sondern spannt einen entspannenden Teppich, auf dem man sich gern ausruht.