Von Matthias Bosenick (15.07.2021)
Da flattert so mirnichts, dirnichts die Wiederveröffentlichung eines Albums namens „Working“ von einer Band namens Omega ins Haus, und sobald man sich damit auseinandersetzt, stellt man fest, dass man ein einzelnes Album dieser ungarischen Space-Prog-Band gar nicht sinnvoll für sich einsortieren kann. Immerhin gibt es Omega seit 1962, liegen Aberdutzende Alben vor, teils auf Ungarisch, teils auf Englisch mit abweichenden Tracks, wie repräsentativ mag da ein Album aus der Mitte der Existenz sein? Für sich betrachtet stellt man fest: „Working“ – hier als Ωmega veröffentlicht – markiert den Übergang vom spacigen Gegniedel zum New Wave, zum Post Punk und zu sonstigen zeitgenössischen Spielereien, von denen sich herkömmliche Progger seinerzeit lieber abgrenzen wollten. Wer indes die attraktivere Mucke gemacht hat, belegt nun also „Working“.
Experimentierfreude drückt sich eben nicht allein dadurch aus, dass man seine Stücke ins Unendliche dehnt, sondern dass man bereit ist, neue Strömungen und eigene Abweichungen in seinem Sound sinnstiftend unterzubringen. Die aus dem Progrock so vertrauten ewiglangen Tracks finden sich auf „Working“ nämlich nicht, da verhalten sich Omega wie etwa Saga, die in den Achtzigern ebenfalls auf knappere, griffigere Rocksongs setzten. Omega nun füllen alles ins Horn, was vorliegt, also Synthies und Saxophon sowie einen Mix aus zackig-boogiemäßig angepunkten schnellen Nummern und Balladen, versetzt mit munteren Hymnen. Zugute kommt der Band überdies, dass Sänger János Kóbor eine angenehm rauhe Stimme in unterer Lage hat, damit ist schon mal ganz viel Kitsch von vornherein ausgeschlossen.
Für den damals angesagten Sound dieses nun erstmals überhaupt auf CD vorliegenden Albums sorgte Rockoko-Chef Peter Hauke, auf dessen Konto auch die Spacedisco von Supermax sowie diverse frühere Alben von Omega gehen. Als unterstützenden Texter verpflichtete die Band Tony Carey, der sich für die Songs beim parallel erschienen auf Ungarisch gesungenen Omega-Album „Az-Arc“ bediente. Neben Kóbor gehörten zur 1981er-Besetzung Ferenc Debreceni, György Molnár, László Benkő und Tamás Mihály; eine bis dahin recht stabile Bande, die in dieser Form seit 1972 existierte; in den ersten zehn Jahren hatte Omega einige Umbesetzungen und auch Stilwenden zu verzeichnen, später ebenfalls. Eine 2010 begonnene Albumtrilogie blieb unvollendet – und zwei Tode überschatten nun dieses fabelhafte Rerelease: Im vergangenen Jahr verstarben László Benkő und Tamás Mihály im Abstand von nur drei Tagen, und unschön passend dazu trägt das zeitgleich erschienene Album den Titel „Testamentum“.
„Working“ war damals das letzte englischsprachige Omega-Album für rund 15 Jahre. Zustande kam der Vertrag mit WEA übrigens ausgerechnet Dank Frank Farian, man mag es nicht für möglich halten. Schon in den Siebzigern waren Omega der größte internationale musikalische Erfolg aus Ungarn, den selbst die Scorpions coverten, und den Erfolg hoffte Farian in den Achtzigern fortzusetzen. Aber das Jahrzehnt war grundsätzlich ungnädig mit Akteuren traditioneller Rockmusik, auch Omega bekamen zu spüren, dass sich die Hörerschaft für neue Strömungen zu öffnen begann. „Working“ zwar ebenfalls, aber neuen Besen unterstellt man seit jeher ein besseres Kehrvermögen, da haben Altgediente es immer schwerer. Ihr grundsätzliches Renomee indes verloren Omega nie, wie es sich für alteingesessene Kultbands gehört, und so haben sie auch heute noch nicht nur in Ungarn einen hohen Stand bei ihren Fans. Die sich „Working“ nun auf CD zulegen dürfen.