Von Matthias Bosenick (13.06.2021)
Die zweite Graphic Novel der Drei Fragezeichen ist besser als die erste, weil sie sich mehr auf die grafische Seite der Geschichte verlagert und das Medium besser ausnutzt, und genau darin liegt das Problem für die Hörspielumsetzung: Die Geschichte hat zu wenig Handlung für 90 Minuten. Was in „Das Dorf der Teufel“ an visueller Atmosphäre vorliegt, schafft es nicht ins Hörspiel, denn trotz der Beteiligung des Autors Ivar Leon Menger dominiert hier das Wurschteln des Europa-Labels. Der Abend im Planetarium ist zwar grundsätzlich vergnüglich, lässt aber einiges vermissen, was „Der dreiäugige Totenkopf“ so herausragend machte.
Vermutlich muss man nicht alles von den Drei Fragezeichen auch wirklich ins Medium Hörspiel pressen, oder wenn doch, dann bitte von versierteren Leuten. „Das Dorf der Teufel“ hat nicht genug Schauplätze und Personal, um das Hörspiel abwechslungsreich zu machen. Das Buch lebt von der dunklen und bedrohlichen Atmosphäre, von Grusel und Lebensgefahr, visuell transportiert durch Feuer, Masken, Dunkelheit. All das bekommen die Skriptautoren nicht ins Hörspiel übertragen, und auch die Musik transportiert die Ausweglosigkeit der drei Juniordetektive in dem einsamen Bergdorf mit den skurrilen Bewohnern nicht. Zudem enthält das Hörspiel dem Publikum Informationen vor, die der Leser noch erhielt: Bob findet im Kofferraum eines Autowracks Tüten, auf die er später zurückkommt; im Hörspiel zaubert er sie quasi aus dem Hut. Wie überhaupt die Auflösung wie nebenbei geschieht, als die Dorfbewohner gerade ihre Teufel verbrennen wollen und Bob mit im Off erfolgten Rechercheergebnissen auftrumpft. Der Effekt verpufft vor der eigentlich pandemonischen Kulisse.
Dabei ist die Grundkonstellation spannend: Im Rolls Royce ihres Chauffeurs Morton – hier erstmals nicht von Andreas von der Meden gesprochen – finden Justus, Peter und Bob ein Amulett, das ein Stammgast verlor und der nach Aussage der Ehefrau spurlos verschwand. Die letzte Spur führt in ein abgelegenes Bergdorf ohne Strom und Technik, in dem der verstorbene Vater des Verschwundenen gelebt haben soll – und der sich als quicklebendig entpuppt; gesprochen übrigens von Till Hagen, bei dem zwangsweise die Verschlagenheit des Ian G. aus Offenbarung 23 mitschwingt. Autowracks, Exorzismen und ein manipulierter Rolls Royce lassen die Drei Fragezeichen an gewissen Aussagen zweifeln und hindern sie an der Flucht. Als sie dann feststellen, dass sie selbst mit den Teufeln gemeint sind und sich vom sprichwörtlichen fackel- und mistgabelschwingenden Mob umringt sehen, schweben sie ernsthaft in Lebensgefahr.
Klingt gut, reicht aber nicht für 90 Minuten, weshalb man den drei Detektiven zu häufig dabei zuhört, wie sie ihre in mehr als 200 Folgen geschulten Kabbeleien betreiben. Auch das bremst die Atmosphäre reichlich aus, während sie eigentlich in Lebensgefahr schweben. Und wenn dann noch die Musik uninspiriert vor sich hin pluckert, weiß man: Irgendwo in diesem Hörspiel ist ein André Minninger versteckt. Erst in der Hörspielumsetzung fallen auch die Untiefen der Handlung auf, die man im Comic noch entweder einfach wegsteckte oder sie gar nicht so im Vordergrund wahrnahm: Zu häufig fällen die drei Detektive zweifelhafte Entscheidungen, anstatt sich einfach auf den 20 Meilen langen Weg durch den Wald zu machen, nur um Bobs Smartphone aufzuladen, weil sie damit die Polizei alarmieren wollen.
„Der dreiäugige Totenkopf“ hatte mehr Tempo, mehr Schauplätze, mehr Verdächtige und funktionierte akustisch besser als grafisch. Auch für eine Surround-Anlage im Planetarium bietet „Das Dorf der Teufel“ nicht ausreichend Material. Dafür aber die Animationen, die wieder das Hörspiel begleiten und wie beim ersten Mal schon nicht die Grafiken des Comics aufgreifen, sondern auf eine eigene Weise düster sind. Man fährt buchstäblich mit den vier Insassen Rolls Royce und erlebt die Finsternis der Wälder, inklusive – natürlich, das gibt der Spielort vor – Sternen in der Nacht. Mit dieser Fortsetzung ist also klar, dass auch die dritte Graphic Novel „Das Ritual der Schlangen“ demnächst im Planetarium zu hören sein wird; im September erscheint überdies Band vier, „Der goldene Salamander“. Und die Erwachsenen-Variante „Rocky Beach“ könnte man sicherlich hard boiled als Hörspiel umsetzen – aber nicht vom Studio Europa, bitte. Lasst da mal Profis ran.
PS: „Die schönen Möwen“, Teil drei! Das konnte Menger sich wohl nicht verkneifen. Ein sympathisches Easter-Egg für aufmerksame Fans.