Von Matthias Bosenick (02.10.2020)
Челябинск. Tscheljabinsk. Zwischen Jekaterinburg und Kasachstan. 1,2 Millionen Einwohner. Drei davon machen seit sechs Jahren als Megalith Levitation Acid Doom, wie sie selbst es nennen, und auf ihrem nunmehr vorliegenden zweiten Release gemeinsame Sache mit Dekonstruktor aus Moskau. Jedes Trio steuert zwei Tracks zu diesem Split bei, was bei über einer halben Stunde Gesamtspielzeit erahnen lässt, wie gemächlich es dabei zugehen mag. Aber nicht langweilig, da passiert eine Menge, das meiste angesiedelt in sehr tiefen Tönen. Der Herbst kann kommen.
In jeder Hinsicht tief im Doom verwurzelt bleiben Megalith Levitation. Das Tempo schleppt, die Gitarren sind für ihre loopartigen Riffs diverse Oktaven tiefer gestimmt, der Gesang beschwört irgendeinen ominösen Kult und das Schlagzeug darf ab und zu höchst spannende Fills liefern. Gerade der sakrale tiefe Gesang unterstreicht das Kultische, das Rituelle, während das Magma bestehend aus Gitarre, Bass und Schlagzeug in den instrumentalen Passagen auch mal Haken schlägt. So führt eine „Opium Ceremony“ das Trio in „Despair“, und man glaubt es den dreien gern – bis sie in den letzten Sekunden tatsächlich aus dem Sludge per Takterhöhung einen waschechten Doom-Metal machen. Da hat das Opium vermutlich zu wirken aufgehört.
Aber dann setzen auch schon die Kollegen aus Moskau an. Деконструктор oder auch Dekonstruktor bleiben im schleppenden Tempo, spielen aber mit circa einem Effektgerät mehr, indem sie einen in seiner Tonhöhe leicht variierenden Saitensound rhythmisch zerhacken und dazu genregemäß herumdoomen. Die spärlich eingesetzte Stimme ist deutlich höher, sie fügt sich eher in den Sound ein, als dass sie sich eigenständig positioniert. Doch nach der Hälfte des achtminütigen „Beheaded Horizon“ ziehen sie das Tempo an und transferieren den Doom in den Stoner, den Black-Sabbath-Metal, mit den gesteigerten Effekten gar in die Avantgarde. Zuletzt hält der Titel „Magma Pulse“, war er verspricht, angereichert mit einer monoton sägenden Gitarre.
Zum Split macht dieses Album der Umstand, dass Dekonstruktor-Gitarrist Memphis auch die Aufnahmen von Megalith Levitation betreute. Auch wenn beide Hälften zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten eingespielt wurden, verbindet sie Tempo, Sound und Attitüde, das Album wirkt geschlossen. Und es eignet sich in seiner Stimmung bestens zum fröhlichen Gruseln oder zum chilligen Herbstfrösteln. Gute Laune hat der Doom von sich aus schon nicht, da sollte man auch nichts Erhebendes erwarten, sondern sich freuen, dass man genau das bekommt, was die Schublade verspricht, nur eben mit eigenwilligen und den jeweiligen Bands entsprechenden Variationen angereichert.