Von
Matthias Bosenick (29.04.2019)
Ein einfacher Zugang klingt
deutlich anders: Man hat es auf Nac/Hut Reports vierten Album
„Wszystko Jeszcze Jest“ vielmehr mit Soundcollagen zu tun als mit
Songs. Einer schönen Gitarrenmelodie und einem lieblichen Gesang
stellt das Duo aus Krakau flirrende elektronische Störgeräusche zur
Seite, konkrete Rhythmen vermittelt höchstens die Wiederkehr mancher
Sounds. Um Lärm wiederum handelt es sich nicht, Nac/Hut Report
veranstalten ihre Experimente reduziert, aber dadurch nachdrücklich.
So entsteht eine Schönheit, die bewusst nervt, anstrengt,
herausfordert. Bezaubernd!
Es
geht nicht um Tempo und auch nicht um vordergründigen Krawall.
Verstören durch Zerstören, könnte man sagen: Den einzelnen Stücken
liegen wahrhaftig schöne Strukturen zugrunde, basierend auf einer
Kombination aus E-Gitarre und weiblichem Gesang und frei von Beats,
jedoch wissen die beiden Musiker, wie man Schönheit durchbricht, und
wenden dieses Wissen auch an. Sounds zerhacken sie, streuen
erschreckende Samples ein, lassen Pausen und verschleppen den
Fortgang, spielen Instrumente atonal, sie lassen es blubbern, fiepen,
zirpen, quietschen, dröhnen. Und bei alledem sind die beiden auch
noch so entspannt, dass sie damit entspannen. Trotz der
Quersounds.
Einziges Manko dieses Albums mag sein, dass
man die Stücke nicht voneinander unterscheiden kann. Darin kann
natürlich die Absicht stecken, dass man ein gut halbstündiges Werk
vor sich hat, das eine geschlossene Sounddecke bildet und quasi
willkürliche Indizes trägt. Das war aber schon immer so bei Nac/Hut
Report und macht das Hören nicht weniger abenteuerlich. Die
Erinnerung an die Young Marble Giants bleibt übrigens wach, auch
wenn sich der Sound im Vergleich zum zweiten Album veränderte.
Die
Band bietet das Album übrigens auch auf CD an, was nicht nur zu
Vinyl-Boomzeiten selten ist, sondern auch in Zeiten von
Downloadwillkür: Und deshalb existieren davon auch nur 30 Kopien.
Das ist mal limited!