Von Matthias Bosenick (19.12.2018)
Maxe hat schlechte Laune. Wie immer. Und schon zum XI. Mal unter dem Namen Soulfly, macht bei 20 Jahren Bandgeschichte im Schnitt alle zwei Jahre ein neues Brett. Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass die nicht alle so richtig doll unterscheidbar sind, aber druckvoll in die Fresse gibt’s jedes Mal mit Garantie und dieses Mal deutlicher vernehmbar Spaß an der Sache. Und irgendwelche kleinen Gimmicks fallen Max Cavalera auch immer ein. Brasilianische Tribals sind jetzt zwar auch nicht mehr so die Neuerung, aber ein Saxophon zum Beispiel ist im Metal doch eher selten zu hören, da sind Flamencogitarre und Flöte schon beinahe gewöhnlich gegen. Ein Gruß an Lemmy steckt übrigens auch mit drin, im „Ritual“.
Zu jedem neuen Album äußert Maxe ungefähr das Gleiche, irgendwas wie „back to the roots“, was in seinem Sinne doppeldeutig ist, schließlich war „Roots“ das letzte Album mit ihm bei Sepultura und außerdem mit seinen Brasilianischen Tribals das erfolgreichste und richtungsweisendste. Den Fingerzeig nimmt Max nun häufig auf und umspielt ihn mit Thrash Metal, Death Metal, Hardcore, einer Prise Djent und etwas Rock’n’Roll. Den Metal muss man nicht mehr neu erfinden (kann man, wie alle anderen Genres, ohnehin nicht mehr), also kann man sich im Alten auch ganz gemütlich einrichten, und das tut Max.
Heißt: Cavalera dreht alles durch den Fleischwolf, worauf er Lust hat, und das sind eben die oben genannten Nischen und die Verweigerung, sich auch nur irgendwo anzubiedern, trotz Veröffentlichung auf einem Erfolgslabel. Die alten NuMetal-Hüpfereien des ersten Albums streift Max ab, trotz seiner vermeintlichen Rückbesinnung auf alte Tage, und sludgedoomt sich gutgelaunt thrashig in die nächstbeste Hardcoreschiene. Schön, wie die Band das alles kombiniert und damit Tempo und Wucht unter einen Hut bekommt. Und Alter!, das Album brennt!
Dazu trägt sicherlich auch die Produktion bei. Die Riffs grooven glasklar aus den Lautsprechern, das haben Soulfly den alten Sepultura voraus. Produzent Josh Wilbur hat mit Kindermetal von Limp Bizkit und Sum 41 offenbar ganz gut gelernt, wie man verzerrte Gitarren hörbar macht. Gäste sind auf „Ritual!“ überdies auch wieder dabei: Randy Blythe von Lamb Of God, Ross Dolan von Immolation und Bruder Igor Cavalera, mit dem Max ja ansonsten noch die Conspiracy betreibt.
Das limitierte Digipak hat übrigens keine Bonustracks, obwohl die letzten beiden Stücke so klingen, als wären sie welche – nicht zuletzt der Song, der heißt wie die Band und nur römisch nach Albumzahl durchnummeriert ist, war zwischenzeitig ausschließlich den Limited Editions der Alben vorbehalten. Hier chilloutet „Soulfly XI“ zum Finale mit Saxophon und verdeutlicht einmal mehr, welche musikalischen Fähigkeiten die Metaler so haben. Als vorletztes geben Soulfly „Feedback!“, und wem sie es geben, hört man überdeutlich heraus: Der Song klingt derbe nach Motörhead. Gerade, weil der Rest davor so brutal mörtelte, zaubert einem das „Feedback!“ das Grinsen ins Gesicht. Wie überhaupt das ganze Album dazu in der Lage ist. Mehr will man von gutem Metal ja auch nicht, oder?