Von Matthias Bosenick (20.12.2017)
Deutlich besser als der erste Versuch, aus der Geldmaschine Die Drei Fragezeichen noch das Medium Comic/Graphic Novel zu pressen: Die Zeichner und Autoren Christopher Tauber, Asja Wiegand, Ivar Leon Menger und John Beckmann verfeinern den Strich und nutzen das Medium effektiver aus. Bei allem Kommerz und Qualitätsabfall, den die Serie in den vergangenen Jahren zu erdulden hat, ist dies ein kleiner Lichtblick.
Es ist, als hätten die Erfinder des ???-Comics erst im zweiten Teil begriffen, welche Möglichkeiten das Medium überhaupt bietet. Ganz abgesehen davon, dass Tauber sauberer zeichnet und die Figuren und Hintergründe erkennbarer ausarbeitet, nutzt er die Zweifarbigkeit und die Visualisierung allgemein jetzt als Träger von Inhalten. Sobald die titelgebenden Teufel etwa in Erscheinung treten, schwenkt die Farbgebung von Schwarz-Blau zu Schwarz-Rot, und anders als noch im „Dreiäugigen Totenkopf“, dem ersten Versuch, dienen die Bilder hier nicht einfach als Begleitung der Geschichte, sondern bringen diese auch ohne Worte voran.
Dieses Buch führt die drei Juniordetektive aus dem fiktiven Rocky Beach in ein abgelegenes Dorf in den Bergen, in dem sie einen Freund ihres Chauffeurs Morton ausfindig machen sollen. Der sei zum Begräbnis seines Vaters dorthin gereist, heißt es, und doch treffen Justus, Peter und Bob diesen Vater lebendig an, dafür den Verschollenen nicht. Das Dorf befindet sich in einer sektenartigen Abgeschiedenheit, inklusive Technikverweigerung und Ritualen, zu denen es gehört, sich als Teufel zu verkleiden und Eindringlingen Angst einzujagen. Bei ihrer Flucht stoßen die Detektive und ihr Fahrer auf handfeste Indizien für die Lügen, hinter denen sich die Dorfbewohner verstecken, und es kommt zu einem lebensbedrohlichen Showdown.
Die Zutaten sind, das sei stattgegeben, sattsam bekannt. Selbst eine Thrillerpersiflage wie „Hot Fuzz“ bedient sich genau dabei. Doch gelingt den Autoren in der Tat eine Stimmung von Beklemmung, Bedrohung und Ausgeliefertsein, in der sich Morton und seine juvenile Kundschaft unablässig bewegen. Man kann es wahlweise als Mut oder Leichtsinn auffassen, dass diese sich dennoch dem Bösen stellen, anstatt einen sicheren Ausweg und schlagkräftige Unterstützung zu suchen. Der Grund ist indes nachvollziehbar, schließlich gilt es, einen Verschwundenen zu schützen.
„Das Dorf der Teufel“ funktioniert in allem weitaus besser als „Der dreiäugige Totenkopf“: Die Auftragsvergabe, der Fallaufbau, die Schlussfolgerungen, die Atmosphäre im und rund ums Dorf und mit Abstrichen auch das Finale haben Hand und Fuß und eine fiebrige, mysteriöse Grundstimmung. Natürlich ist es unglaubwürdig, wie die tödliche Bedrohung sich letztlich auflöst, aber im Sinne der Sache doch akzeptabel.
Was die Charaktere betrifft, ist es schwierig, aus den Sprechblasen die typischen Züge von Justus, Peter und Bob nachzuempfinden, die man aus den Büchern und den Hörspielen kennt. Justus‘ Sprachstil ist nicht so hochgestochen wie in den Klassikern, Peters Angst eher angedeutet. Bob hingegen bekommt als für Recherche Verantwortlicher mehr Raum als sonst, insbesondere mit dem Medium Smartphone, das hier nicht nur wesentlich zur Handlungsentwicklung beiträgt, sondern auch schlüssiger eingesetzt ist als in vielen Büchern. Morton wiederum bleibt blass, weitere Standardcharaktere kommen nicht vor.
Jetzt gibt es übrigens fürs Planetarium den ersten Comic-Band als Hörspiel. Damit setzt sich der ???-Kohlemotor wieder in Gang. Aus der hochklassigen Jugendbuchserie und den Hörspielen ist längst ein Goldenes Kalb geworden, das beliebig ausschlachtbar zu sein scheint. Zuletzt gab es ein auf ein Buch basierendes Hörspiel, das sich mit dem Trend der Escape Rooms befasst und das gleichzeitig die Drei-Fragezeichen-Escape-Rooms bewirbt. Crossmarketing für Überflüssigkeiten. Man muss als Fan wirklich einen ganzen Haufen Augen zudrücken und gleichzeitig intensiv suchen, um noch Perlen inmitten der Scheiße zu entdecken. „Das Dorf der Teufel“ ist eine.