Von Matthias Bosenick (15.11.2016)
Ein Spielzeug zwischen „Bostich“, „The Rhythm Divine“, „Desire“ und „Planet Dada“: Yello präsentieren sich 2016 mit einem Album, das Elemente aus allen Schaffensphasen kombiniert, und das auch noch schlüssig. Welten werden sie damit sicherlich nicht mehr bewegen, fügen aber zumindest ihrem eigenen Universum etwas Brauchbares hinzu, und das ist ja auch schon eine Menge wert. Heißt: Den Techno erfinden sie kein zweites Mal neu, machen aber trippiges Elektrozeug mit Jazzhaltung. Dazu grummelt Dieter Meier wie gewohnt und lässt sich manches Mal von Frauenstimme begleiten. Das ist sehr chic.
Die Vorabsingle „Limbo“ wies schon den Weg, den auch das Album nimmt: Einige Sounds sind vertraut, Boris Blank bringt Samples aus 35 Jahren Yello in den neuen Stücken unter. Das bedeutet aber nicht, dass man es mit einer kompletten Selbstkopie zu tun hat. Vielmehr erkennt man die Seele des Duos wieder, indem etwa mitten in einer Strophenpassage ein sanfter Bass blubbert, ein obskur reibendes Geräusch ertönt oder der Jazzdrummer die Besen auspackt. Zwischen die Bartanzstücke fließen lateinamerikanische Rhythmen.
Es macht nichts, dass man hie und dort doch mal etwas wiedererkennt. „Drive/Driven“ dringt irgendwo durch, der Stil der jüngeren, eher jazzigen Alben ist als Basis der Stand der Dinge, die Lust am Experiment ist nicht gänzlich herausgewachsen. Eine Melodie klauen sie sogar bei den Doors. Von den jüngeren Vorgängerwerken unterscheidet „Toy“, dass die Selbstreferenz nicht in Neuauflagen alter Hits gipfelt und dass trotz atmosphärischer Passagen keine ziellosen Filler enthalten sind. Die Songs auf „Toy“ haben Sinn und sind, außer gegen Schluss ab „Magma“ vielleicht, kompakt. Als Referenz an die eigene Jugend machen sie jedoch bestimmt den Erwachsenen mehr Spaß als den Heranwachsenden. Doch so ist das eben.
Es gibt das Album auch als Buch mit drei Liedern mehr: „Pacific AM“, „Lost In Motion“ und „Toy Square“. Ersteres ist die kompletteste Selbstkopie auf diesem Album, als einzige Neubearbeitung eines bereits veröffentlichten Songs, nämlich „Blue Horizon PM“ von „The Key To Perfection“, der Werbe-CD für den Golf VII. Der Rest schlägt schöne Brücken zwischen den Albumtracks, denn alle drei sind nicht hintenangehängt, sondern gegen Ende dazwischengeschoben. „Lost In Motion“ etwa mit Gastsängerin Fifi Rong stellt einen Verlust für jeden dar, der sich lediglich die normale CD kauft: Es hat die aufbrausendsten Sounds und noch den größten Clubcharakter vor allen anderen neuen Songs, die eher zum stilvollen an der Theke Cocktails schlürfen und dabei amtlich mitwippen einladen.
„Toy“ zeigt die alten Schweizer in bestmöglicher Verfassung. Tatsächlich ist es aber so, dass Dieter Meiers Soloalbum „Out Of Chaos“ von 2014 die beste Veröffentlichung ist, die aus dem Hause Yello seit „Pocket Universe“ 1996 kam: Räudige Lieder zwischen Element Of Crime und Tom Waits, weitab vom Kerngeschäft und damit relevant als Solowerk.