Von Matthias Bosenick (21.05.2016)
Barbara Barbara, wo führt das alles hin? Underworld sind eine der wenigen Bands, die in ihrer Karriere kein lediglich mittelprächtiges Album unter die Leute brachten. Selbst die eher unbeliebten ersten zwei Nicht-Techno-Alben sind gut, ebenso das Vorgänger-Projekt Froeur. Mit „Barbara“ verhält es sich indes etwas anders, ein bisschen wie mit „The Slip“ von den Nine Inch Nails: Die Knallersongs sind richtig geil, aber dazwischen tummelt sich zu viel Füllstoff. Also nicht schlecht, aber. Trotzdem bleiben Underworld einfach mal verlässlich gut. Und nie zuvor hat jemand so ansteckend „Bla bla“ gesungen.
Das kann nur Karl Hyde: Mit seiner charakteristischen Stimme Nichtigkeiten intonieren. „Lager, Lager“, das kann seit „Trainspotting“ jeder mitgrölen, wenn „Born Slippy.Nuxx“ irgendwo läuft. Und hier ist es der Opener „I Exhale“ mit dem treibenden „Bla Bla“-Refrain. Keine der acht Minuten ist zu viel, trotz eher Midtempos baut das Stück Druck auf und befeuert den Körper mit Tanzzuckungen. Der flächige Bass besteht nur aus zwei Tönen, was das Treibende und die Keyboardmelodie nur unterstreicht. Gut gemacht.
Es folgt das noch einen Tuck langsamere „If Rah“, in dem Hyde zu deephousigen Grooves vor sich hin plappert. Auch das drückt und lässt die Füße nicht nur wippen. Wenn sich hier nach der Hälfte der sieben Minuten Spielzeit kurzzeitig die Melodie dazugesellt, offenbart das Stück seine gesamte Pracht. Die können einfach Atmosphäre, Rick Smith und Karl Hyde. Wiederholte „Luna“-Nennungen ersetzen hier „Bla“ oder „Lager“. Sei’s drum. „Low Burn“ zieht das Tempo an, bleibt dabei aber angenehm atmosphärisch, wie man schnellere Technotracks von Underworld seit „Dubnobasswithmyheadman“ gewohnt ist.
Und dann, nach drei Tracks und der Hälfte der Zeit also, wird’s still. „Santiano Cuatro“ ist ein fingerfertiges Klimpern, aus dessen Trauertal sich das Album in der Folge nur mühsam erhebt. „Motorhome“ wird eine wundervolle Popballade, das immerhin, getragen einmal mehr von Hydes schöner Gesangsstimme. Erst mit dem vorletzten Song „Ova Nova“ kehren die Beats und etwas Tanzbarkeit zurück, es bleibt aber chillig, auf die von Underworld bekannte Weise. Der Abschluss „Nylon Strung“ wiederum hat das Zeug zum Hit: Ein feines Keyboard kiekst im Hintergrund, sanfte Snares begleiten einen rauschhaften Trancebeat. Hyde schwelgt und lullt ein. Mit einer latenten Hymnenhaftigkeit reißt das Album den Hörer nochmal an sich.
Man bekommt also einige richtig gute Tracks. Und doch, die Mitte des Albums bleibt zu low für eine hundertprozentige Fanschaft. Aber das ist Jammern auf dem bekannt hohen Niveau, denn auch die Stille beherrschen Underworld mit großer Qualität. Ebenso wie das Artwork: Wer „Barbara“ auf der Webseite bestellt oder das unverschämte Glück hatte, Underworld live zu sehen (danke, Heike, fürs Mitbringen!), erhielt die Gelegenheit, „Barbara“ in einem zwölf Zoll großen Kunstbuch zu erwerben. Bla, bla, blablabla, bla. Oh. Ohrwurm!