Deus – Following Sea – Play It Again Sam 2012

Von Matthias Bosenick (27.06.2012)

Das erstaunlichste an „Following Sea“, dem neuen Deus-Album, ist, dass es schon jetzt existiert, nur ein Jahr nach „Keep You Close“, anstatt dreien, wie sonst, und das auch noch beinahe ohne jede Vorankündigung. Plötzlich ist es da, voll mit feinem Indiepoprock aus Antwerpen. Es ähnelt dem Vorgängeralbum, in Sound und Ideen, setzt die schon Jahre zuvor eingeschlagene Entwicklung aber fort: Waren Deus (bzw. dEUS) am Anfang ihrer Karriere vor nunmehr fast 20 Jahren noch eine krachige Indierockband mit schrägen Harmonien, dominiert heute der Wohlklang und wirkt die Musik vergleichsweise gebremst. Man könnte fast von Pop sprechen, allerdings von gutem, nicht von solchem wie in den Charts oder im Radio. Denn dafür haben Deus doch viel zu viel Erfahrung, als dass sie ihre Kompromisslosigkeit gegen Angepasstheit austauschen würden. Vertraut klingt das, was Deus heute machen, nämlich nur beim oberflächlichen Hören.

Zuvorderst wirken die Elemente auf „Following Sea“ – nautisch für „mitlaufende See“ – von anderen Popsongs vertraut. Hier ein Chor, dort ein gebrochener Basslauf, drüben eine hübsche Keyboardfläche unter den klaren Gitarren. Mag sein: Doch in ihrer Zusammensetzung sind die Elemente nicht vertraut, Deus bündeln sie zu etwas Eigenem. Da dringt dann die früher gerockte Komplexität wieder durch und unterfüttert den Pop, der sich damit als reichlich vermeintlich herausstellt. Diesen Weg beschreiten Deus vor allem seit ihrer Interimsauflösung und dem Comebackalbum „Pocket Revolution“ aus dem Jahr 2005. Und dann fällt einem auf, dass die Elemente auf „Following Sea“ nicht nur aus anderen Popsongs vertraut sind, sondern sogar von Deus früher: Hier ein Schlagzeugsound, dort ein Sprechgesang, drüben der doch eher schräge Backgroundchor von Alben wie „Worst Case Scenario“ oder „In A Bar, Under The Sea“. Seltsam genug, wo doch aus der Anfangszeit nur noch Bandchef Tom Barman und Violinist Klaas Janzoons dabei sind. Immerhin ist der Rest der Besetzung seit dem Comeback konstant.

Von „mitlaufend“ kann also gar keine Rede sein. Letztlich tauschen Deus Provokation gegen Progressivität und steuern damit in deutlich unruhigere Gewässer, als es der erste Anschein andeutet. Von Jazz mag man nicht reden; noch nicht, vielleicht. „Following Sea“ ist schön, beruhigend, angenehm und doch fordernd. Wenn die Unterschiede zwischen den Alben künftig etwas größer werden als nur, dass mit „Quatre Mains“ erstmals ein Lied auf Französisch enthalten ist, tut das der Band auch ganz gut.

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