Fear Factory – The Industrialist – AFM/Soulfood 2012

Von Matthias Bosenick (17.06.2012)

Da waren’s nur noch zwei. Nachdem sich Sänger Burton C. Bell und Gitarrist Dino Casarez nach sieben Jahren Funk- bzw. Metalstille vor drei Jahren wieder vertrugen, schmissen sie erst per Rechtsstreit Gründungsmitglied Raymond Herrera und Langzeitmitglied Christian Olde Wolbers aus der Fabrik, setzten dann die Substitute Byron Stroud und Gene Hoglan vor die Tür und treten nun auf „The Industrialist“ nur noch als Duo mit Gästen auf. Man müsste Schlimmes von solchen Methoden halten, spräche nicht die Musik für sie: Arkaea, die neue Band von Herrera und Olde Wolbers, die behaupten, Fear Factory maßgeblich gestaltet zu haben, klingt mal so richtig schmierig und mies nach Kitschmetal. Wenn die also das Rückgrat von Fear Factory waren, dann müssten Fear Factory heute ohne die beiden ja noch schlimmer sein. Tja, die Realität sieht anders aus: „The Industrialist“ setzt dem Vorgänger „Mechanize“ noch eins drauf und führt fort, was „Demanufacture“ 1995 druckvoll und hochtechnisch auf die Metal-Masse losließ.

Besonders auf den ersten Metern klingt „The Industrialist“ wie eine Neuversion von „Demanufacture“, bloß auf dem aktuellen Stand der Technik. Die Breaks kommen häufiger und abrupter, das Schlagzeug hat gar nichts Menschliches mehr, Bell schreit, der Metal ist brutal – voll auf die Fresse mit allen Mitteln der Studiotechnik. Ganz klar, wer da Fear Factory gestaltet und wer nicht. Allein: Was auf die Dauer fehlt, ist der wiedererkennbare atmosphärische Anteil, der „Demanufacture“ seinerzeit aus der Masse hervorhob und die an solcher Sorte Metal interessierte Welt aufhorchen ließ. Ganz ohne kommt zwar auch „The Industrialist“ nicht aus, aber die Stücke werfen in ihrer Walzenartigkeit nicht genug Haken aus, um wiedererkennbar zu sein. Dazu kommt, dass das dynamische Duo sein Pulver nach etwas mehr als einer halben Stunde bereits verschossen hat und das Album mit einer Art ausuferndem Industrial-Ambient streckt. Käufer der Digipakversion bekommen noch zwei Bonustracks, darunter eine Coverversion von „Landfill“ von Pitchshifter.

Jede Kritik ist natürlich eine am hohen Niveau. Die Musik ist gut, ganz eindeutig, die Energie (be)rauschend und Fear Factory nach wie vor eine erstklassige Metalband. Vor allem ist das Album besser als das, was vor der Jahrtausendwende von Fear Factory zu hören war, allerdings lange nicht so gut und stringent und abwechslungsreich wie „Demanufacture“ oder „Archetype“. Textlich bleibt indes alles beim Alten: Mensch und Maschine verschmelzen, der andere ergreift die Macht über den einen, und außerdem sollte die Welt mal gucken, welchen Schaden Religionen so anrichten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert