Von Matthias Bosenick (30.06.2015) / Auch erschienen auf Kult-Tour – Der Stadtblog
Das mit der „Popular Music“ ist ein verfehltes Anliegen, und das ist auch gut so. Sollte „Love, Death And Popular Music“ tatsächlich den Anschluss an gegenwärtige Musikströmungen gesucht haben, ist es positiv, dass dies dem Initiatoren Peter Glantz nicht gelungen ist. Populäre Musik gibt es zur Genüge, in diesem Bereich wagt aktuell niemand mehr etwas. Zwar bedient sich Glantz musikalisch bei bekannten zumeist elektronischen Künstlern, arrangiert seine gefundenen Versatzstücke aber nach einem erkennbar eigenen, häufig dunkel gefärbten Gusto und enthält ihnen das Überbordende vor. Genau das nimmt seinem Sound die Chance, zu „Popular Music“ zu werden, aber dafür bei Leuten auf offene Ohren zu stoßen, die auch nur der kleinsten Alternative zum Althergebrachten gegenüber aufgeschlossen sind.
Der erste Gedanke mag der an Synthiepop sein. Doch für Synthiepop ist Glantz‘ Musik zu reduziert, es fehlt die etwa bei Depeche Mode oder den Pet Shop Boys durchaus angebrachte Zwischenfüllung, die der Musik etwas Voluminöses gibt. Mit seiner Variante von elektronischer Musik, die dem Pop an sich durchaus nicht abgeneigt ist, zwingt Glantz den Hörer vielmehr dazu, sich nicht von Pomp und Bombast einlullen zu lassen, sondern sich intensiver auf die Musik zu konzentrieren. Damit wiederum erinnert er an ganz andere elektronische Künstler, auch, was einige gelegentlich eingesetzten Effekte betrifft, wie Aphex Twin oder The Notwist.
Noch ganz andere Musiker hinterlassen ihre Spuren bei Glantz. Bei „Maybe This Is A Lovesong (Maybe It Is Not)“ klingen beispielsweise die Melodieführung und Gesangsart des David Bowie der 70er oder 80er Jahre durch. Ein bisschen Soul oder Gospel schwingt im Gesang oder den Akkordfolgen bei einigen Stücken bisweilen mit. Das musikalisch extremste Stück ist „My Mind Is Perfectly Mine“, das insbesondere mit dem scharfen Gitarreneinsatz deutlich eher im Geiste der Nine Inch Nails der 90er Jahre gehalten ist, als es deren Comebackalbum „Hesitation Marks“ auch nur ansatzweise war.
Was Glantz beim besten Willen nicht sein will, ist ein Kapellmeister, der zum Tanzvergnügen aufspielt. Obschon man ihm einen gelinden Groove nicht absprechen kann, bewegt er sich mit seinen Songs in einem zu geringen Tempo für den handelsüblichen Dancefloor. Und auch wenn die Stimmung vielleicht überwiegend an Gruftschuppen erinnert, sind seine Songs auch dafür meistens zu verhalten temperiert. Etwas Fahrt auf nehmen der Opener „It’s In My Head“ sowie „Last Track“, der genau dies nicht ist, sondern der Vorletzte, und der recht groovy den Hörer mitreißt. Glantz‘ Musik ist insgesamt vornehmlich gut zu Hause zu genießen, nicht nebenbei; oder live, weil man sich dann direkt auf sie einlassen muss und durch nichts Alltägliches vom Zuhören abgelenkt wird. Übrigens kommt dem Sound zugute, dass der Bass ein echt gespielter ist, von Stefan Stürmer. Ein Manko fällt jedoch auf: Glantz‘ Stimme ist im Verhältnis zur Musik etwas zu weit in den Vordergrund gemixt.
Und übrigens ist das vorliegende Album der abschließende sechste Teil einer Hexalogie, sagt die Info auf Glantz‘ diversen verstreuten Webseiten. Zwar verraten diese viel über die Umtriebigkeit des Musikers, Komponisten und Produzenten Glantz, aber nichts über die bisherigen Veröffentlichungen. Dafür muss man Lord Schadts „7+1 Fragen an“-Kolumne auf Braunschweig-Spiegel.de zu Rate ziehen: Danach trägt das vorliegende Album eigentlich den Titel „The Zombie“, was tatsächlich irgendwo auf der Rückseite des Digipaks in Klammern vermerkt ist. Hintergrund ist, dass sämtliche sechs Alben-Titel mit jeweils dem Buchstaben beginnen, der insgesamt das Wort GLANTZ ergibt: The Guest, The Lover, The Alien (Half Human/Half German), The Numb (Reality On Pills), The Terrorist und eben The Zombie. Die Hexalogie des Selbstbezugs, mein lieber Schwan – das muss man schon ertragen können. Und außerdem scheint dieses Album schon fast seit einem Jahr zu existieren, allerdings nicht als CD. Man erfährt nebenbei im Internet übrigens auch, dass Glantz bei The Band Without Glantz offenbar entgegen der Info aus dem Namen sehr wohl dabei war, und dass er parallel bei einer Band namens Sonnit musiziert.
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