Von Olaf Maibaum (28.06.2015)
Wie jedes Jahr stand zu Pfingsten in meinem Kalender das Wave Gotik Treffen in Leipzig an. Vorab noch ein paar Worte zum WGT. Es gibt nicht „das“ WGT, sondern nur das WGT, was jeder für sich daraus macht. Die Verteilung der Veranstaltungsorte und die Vielfalt an Programmpunkten von Lesungen über Ausstellungen als auch Konzerten von Klassik über Dark Wave bis hin zu Horror Punk und Dark Metal machen den besonderen Reiz dieser Veranstaltung aus. Einige hängen nur auf dem Agra-Gelände und dem Mittelaltermarkt am Torhaus Dölitz ab, andere ziehen durch die Stadt oder bleiben einen Tag an einem anderen Auftrittsort. Dadurch erlebt jeder das Treffen anders, je nach eigenem Gusto. Die Planung des persönlichen Programmplans gestaltete sich in diesem Jahr als sehr schwierig, da ich beispielsweise am Montag vier meiner Must-Haves an unterschiedlichen Orten hatte. Das war an den anderen Tagen nicht viel anders, auch wenn ich dort teilweise nur Veranstaltungen der Art „Es wäre schön, wenn es passt“ hatte.
Start war am Donnerstag Mittag mit einer fast staufreien Fahrt. Nach Ankunft im Hotel und dem Beziehen des Zimmers stand der erste Punkt auf dem Plan, die Kartenübergabe an Freunde aus Hannover, die bereits am vorhergehenden Wochenende angereist waren, um etwas mehr Zeit für die schönen Plätze in Leipzig zu haben. Am Treffpunkt der La Petite Absintherie fand leider gerade eine Lesung statt, weswegen dort kein Plätzchen zu finden war. Wir wechselten dann zur Sixtina und nahmen im Hof Platz, während dort fleißig aufgebaut wurde für die nächsten Tage. Nach einem angenehmen Plausch schauten wir an der Bändchenausgabe am Hauptbahnhof vorbei. Nach Erblicken der Schlange spekulierten wir schon, ob die Container diesmal woanders stehen, wie sich aber zeigte, lief die Schlange komplett durch den Park, und das, was wir erblickten, war das hintere Drittel der Warteschlange wieder zurück durch den Park. Die Wartezeit dürfte wohl in etwa zwei Stunden sein. Wir entschieden uns dann, einen Italiener aufzusuchen, um etwas zu essen und dann den ersten Programmpunkt zum romantischen Eröffnungstanz der Blauen Stunde am Parkschlößchen anzugehen. Die Organisatoren dieser Veranstaltung außerhalb der WGT-Orga kenne ich schon seit meinem ersten WGT im Jahr 2003. Jeder bringt Speis und Trank sowie ein Grablicht zum Ausleuchten der Tanzfläche mit. Direkt nach der Ankunft begann auch schon das ausgiebige Begrüßen mit all den WGT- und Kreuzmühlen-Bekanntschaften. Auf dem Weg zur Wiese, welche für Neulinge schwierig zu findenden ist, führte ich noch einige verirrten schwarzen Seelen auf den rechten Pfad zurück. Ich war angekommen in dieser wunderbaren Welt des WGT, machte noch eine neue Bekanntschaft und versank in Gesprächen, unterbrochen durch ein paar Tänze auf der Wiese. So gegen 3 Uhr wurde es mir dann doch zu kühl und zu meiner Freude haben die Taxi-Fahrer mittlerweile auch von dieser Veranstaltung erfahren, so dass mir der weite Weg zum Taxi-Stand des Agra-Geländes erspart blieb. Den zusätzliche Nachtverkehr der LVB zum WGT gibt es leider erst ab Freitag.
Der Freitag wurde dann am frühen Nachmittag eröffnet mit dem Weg zur Moritzbastei. Die dortige Bändchenausgabe ist den meisten sporadischen Besuchern unbekannt, weswegen ich mein Bändchen ohne Warten erhielt. Im letzten Jahr hatte ich fünf Leute vor mir. Bereits auf den Weg zur Moritzbastei begegnete ich schon einem Pärchen, mit dem ich am Vorabend beim Italiener ein paar Worte gewechselt hatte. Das Gespräch vom Vorabend wurde noch ein wenig fortgesetzt bei dieser Gelegenheit. Nach dem ich das Bändchen am Arm hatte, erfolgte der obligatorische Besuch des Mittelaltermarkts auf der Moritzbastei. Insbesondere ein Schmuckstand hat es mir dort angetan, und ich wurde auch in diesem Jahr ein wenig mehr Geld los, da mir ein Ring besonders zusagte.
Das Konzertprogramm am Freitag startete dann klassisch mit der WGT-Musikkammer zusammen mit Freunden in der Alten Börse. Dargeboten wurden Stücke von Robert Schumann mit Posaune und Klavier. Eine schöne Einstimmung, auch wenn mich ein Hustenreiz quälte. Direkt im Anschluss ging es in die Sixtina zum Konzert von Schattenkinder. Einer der Künstler dieser Band aus Leipzig und Dresden ist mir seit meinem ersten WGT persönlich bekannt. Sie lieferten ein solides Konzert aus dem Bereich Dark Wave/Heavenly Voices ab, genau wie ich es von ihnen auch erwartet hatte.
Das anschließende Programm fand im Schauspielhaus statt, beginnend mit Jordan Reyne. Ich hatte sie bereist vor zwei Jahren erleben dürfen und konnte mich auch in diesem Jahr über ihren Witz und ihren Akzent amüsieren. Mit einem Looper, einer Gitarre und ihrer herrlichen Stimme legte sie wieder ein erfrischendes Folk-Konzert hin. Leider konnte ich sie durch die merkwürdige Bühnenbeleuchtung nicht richtig sehen, genau wie sie auf der Bühne die Schalter ihres Loopers nicht richtig sehen konnte. So hatte sie zwischen den Stücken teilweise etwas mehr Zeit für einen ihre witzigen Kommentare. Diese merkwürdige Beleuchtungstechnik, bei der das Publikum geblendet wird und die Künstler nur schemenhaft zu erkennen sind, zog sich leider durch das komplette WGT, mit Ausnahme der Bühne im Heidnischen Dorf.
Das folgende Konzert von Lisa Cuthbert hat mich dann leider ein wenig enttäuscht. Ich hatte einfach mehr von ihr erwartet, als sie auf der Bühne zeigen konnte, auch wenn das Konzert nicht schlecht war. Vielleicht lag es an der dunklen Bühnenbeleuchtung oder der nicht zum Klavierspiel passenden Video-Projektion über die unsäglichen Abgründe menschlichen Handelns in irischen Waisenhäusern der römischen Götzenanbeter, welche von sich behaupten, das Christentum zu vertreten. Vielleicht passte auch einfach meine Stimmung nur gerade nicht zur Musik. Da konnte auch eine Cover-Version von dem altbekannten Stück „This Corrosion“ nicht helfen.
Im Anschluss ging es zum Dunkelromantischen Tanz in das Stadtbad. Der Veranstaltungsort war neu im WGT-Programm, die WGT-Schnitzeljagd verlief aber aufgrund meiner Vorbereitung ohne große Probleme. Das habe ich auch schon anders erlebt. Unterwegs habe ich noch einen Bekannten aus den letzten Jahren getroffen, der das gleich Ziel hatte. Die DJs waren leider wie im Vorjahr nicht so ganz nach meinem Geschmack. Ich erwarte etwas mehr als Neofolk und ein paar Sachen, die ich nicht so genau definieren kann. Im nächsten Jahr werde ich diese beiden DJs wohl lieber meiden und zu Wave und Postpunk auf der „When we where young“-Party tanzen, auch wenn ich mich immer zwischen all den Iros und Postpunkern etwas fehl am Platze vorkomme. Die Musik aus meiner Jugend gefällt mir trotzdem.
Der Samstag war ein typischer Tag zum Zerreißen, weil mich musikalisch zu viel reizt und weil natürlich die Orga alles über die Spielorte verteilt und ein Wechsel zwischen den Spielorten nicht mehr passt. Gestartet wurde wie bereits am Freitag mit der WGT-Musikkammer und Werken von Rachmaninov, Pogatschar und Debussy. Wie am Vortag nervte auch ein trockener Husten, dessen Unterdrückung die Sache nicht besser machte. Alles im Allen aber wieder eine schöne besinnliche Einstimmung auf den Tag. Es folgte nach einer kleinen Stärkung Luigi Rubino im Schauspielhaus. Ich hatte mich bereits beim Vorhören für seine Tastenkünste begeistern können, was im Konzert nicht anders war. Eine wirklich lohnenswerte Darbietung an diesem Tag. Eigentlich hätte mich an diesem Tag auch noch Evi Vine im Schauspielhaus interessiert, was sich aber leider aufgrund des Restprogramms nicht einrichten ließ.
Es ging weiter zum Stadtbad zu Minuit Machine. Im Stadtbad gab es dann erst einmal vielfältige Begrüßungen mit Bekannten aus Hannover, Frankfurt und Dresden. Minuit Machine haben mich dann richtig mitgenommen, ein Live-Konzert mit viel Druck, wenn auch hier das Licht ein wenig störend war. Ich hätte gern mehr von der Band gesehen und nicht erst kurz vor den romantischen Nächten, als mir die Künstlerinnen über den Weg liefen. Auf jeden Fall eine Band, die bald meine CD-Sammlung bereichern wird.
Weiter ging es in Richtung Heidnisches Dorf am Dölitzer Torhaus. Gut, dass die 11er-Linie auch am Stadtbad verkehrt. Als ich im Heidnischen Dorf ankam, hatten Euzen gerade ihr erstes Stück angefangen. Schon beim Nähern der Bühne war ich entsetzt von der Stimme der Sängerin. Die Studio-Versionen der Stücke haben mir besser gefallen. Zusätzlich fand ich vor der Bühne durch mein spätes Kommen keinen guten Stehplatz, auch nach einen Wechsel durfte ich Gesprächen zuhören, denen ich nicht zuhören wollte. Ein leidiges Übel bei Konzerten im Heidnischen Dorf, weswegen ich es auch gerne meide. An diesem Tag hatte ich den Weg gewagt als Entscheidungshilfe für den Montag, um zu wissen, ob ich nun Qntal oder Milar Mar hören soll. Damit stand fest, das ich das Konzert von Qntal am Montag setzen werde.
Zum Abschluss ging es zurück zum dunkelromantischen Tanz mit Zinsi und Spinne, auch wenn mich erst noch Agent Side Grinder erwartete, da das Konzert noch nicht zu Ende war. Das, was ich noch mitbekomme habe, war doch recht druckvoller Wave und EBM, vielleicht hätte ich fast den ganzen Tag im Stadtbad verbringen sollen, aber Automelodi sagte mir nicht zu. Zum Tanz gab es viele angenehme Unterhaltungen mit WGT- und Kreuzmühlen-Bekanntschaften der letzten Jahre und immer wieder gern gehörte Musik, die es in der Form nur auf diesen Veranstaltungen des WGT gibt. Ärgerlich war nur das frühe Ende der Veranstaltung kurz nach vier Uhr. Mitten in „Love me to the End“ von Deine Lakaien wurde die Musik abgedreht. Der DJ entschuldigte sich noch, dass er das Ende auch unvorbereitet erfahren hat, und kündigte Gespräche mit der Orga an. In den letzten Jahren war eigentlich nie vor sechs Uhr Schluss. Auf dem Weg zum Hotel traf ich in der Straßenbahn noch Frank von der Blauen Stunde und konnte ein wenig ungestört mit ihm reden, wie auch mit anderen WGT-Besuchern, die das frühe Ende nicht so ganz verstanden haben. Immerhin gab es schon eine Straßenbahn, auch wenn die nicht ganz die Linie zu meinen Hotel fuhr und noch etwas Fußweg anstand.
Ein Gutes hatte des frühe Ende aber, ich hatte etwas mehr Schlaf bekommen, weil der WGT-Sonntag um 12 Uhr in der Sixitina startete. Dort spielten Liljana aus Leipzig auf. Eigentlich mag ich keine Metal-Musik, nur hat mich die Stimme der Sängerin so begeistert. Dies war live auch der Fall. Wenn der Rest der Band dann noch andere Musik spielen würde, dann wäre ich noch zufriedener gewesen. Aber die Stimme war auf jeden Fall hörenswert und hat noch viel Potential.
Es kam dann doch ein ziemlicher musikalischer Kontrast, wie man ihn bislang nur auf dem WGT erlebt habe, die WGT-Musikkammer in der Alten Börse. Bauwien van der Meer (Sopran), Annedee Jaeger (Gitarre) und Joris van Haaften (Cello) spielten Werke von Hanns Eisler in eigener Bearbeitung. Die Texte von Hanns Eisler sind im Exil entstanden, da er als Jude vor den Nationalsozialisten fliehen musste. In Bezug auf die Zeit der Entstehung sind die Texte sehr politisch und regten auch zum Nachdenken über diese Zeit in Deutschland an. Ein Konzert, das mir vom textlichen Inhalt und auch der Darbietung sehr gut gefallen hat.
Im Anschluss ging es für mich zur Kuppelhalle des Volkspalasts, mit einem kurzen Abstecher im Hotel wegen des fehlenden Gürtels und des deshalb rutschenden Rocks. Dort stand Ash Code auf dem Plan. Ich wollte fast schon die Anfahrt wegen der ziemlich knappen Zeit abbrechen, meine Entscheidung wurde dann aber durch die außer Fahrplan fahrenden 31er-Linie gestoppt, welche gerade um die Ecke kam. Die Band fing schon an zu spielen, als ich noch in der Einlassschlange vor dem Volkspalast stand. Aus irgend einen Grund gibt es an diesem Spielort die härtesten Einlasskontrollen, die sich obendrein meist auch noch zur Öffnung verzögern. In der Schlange traf ich auch noch einen Bekannten aus dem Rheinland. Ash Code selber boten ein gutes Wave-Konzert. Die aktuellen Stücke aus dem Wave-Bereich sind wirklich hörenswert. Es wäre auch schön, wenn man sie auf den Partys in Braunschweig auch zu Gehör bekommen würde, und nicht nur immer die gleichen abgenudelten Klassiker. Leider konnte ich das Konzert nicht ganz hören, da im Schauspielhaus ein nachträgliches Kommen zum Konzert aufgrund der Bestuhlung etwas schwierig ist.
Der Weg zum Schauspielhaus klappte besser als gedacht, für die letzten 100 Meter zur Straßenbahn musste ich den Rock hochnehmen und einen Sprint einlegen, weil zufälligerweise gerade eine Straßenbahn außerhalb des Fahrplans verkehrte. Das wurde irgendwie zu einem Phänomen an diesem Tag. 30 Minuten zum Schauspielhaus ist wirklich fix. Im Schauspielhaus erwartete mich Jo Quail. Die Frau mit ihrem elektronischen Kontrabass und einer Loop-Maschine liefert einfach wunderbare Live-Konzerte ab, wie auch dieses Mal. Ihre Bögen lösten sich nach und nach auf und ich genoss diese wunderbare sich aufbauende Musik. Wenn ich bloß noch mehr gesehen hätte, aber das Licht war wirklich in diesem Jahr eine Katastrophe, auch für die Künstler, die im Halbdunklen die richtigen Taster der Loop-Maschine erwischen mussten. Schade, dass diese Atmosphäre, welche Jo Quail live hat, nicht auf den CDs zu hören ist.
Als nächstes Konzert war Ashram vorgesehen. Die auf Jo Quail folgende Band OWLS wurde für ein vernünftiges Essen bei einem Inder in der Nähe zusammen mit Freunden genutzt. Die Musiker von Ashram waren, so weit ich es erkennen konnte, die gleichen wie bei Luigi Rubino, nur dass es bei Ashram noch eine Tanz-Performance gab. Das war mir im Voraus gar nicht aufgefallen. Eigentlich sollte Ashram auch einen orientalischen Touch haben, dafür hätten sie aber schon eine andere Tonart spielen müssen. Die Tänzerinnen waren natürlich durch das Licht auch nicht richtig zu sehen und ich vermochte auch nicht die Choreographie auf die Musik abzubilden. Insofern ein enttäuschendes Konzert, von dem ich mehr erwartet hatte. Die nächste Enttäuschung folgte mit Unto Ashes, einer Band, die ich eigentlich sehr gerne höre. Das ganze Konzert kam mir wie eine Konserve von dem Konzert vor, das ich das letzte Mal von ihnen live erlebt habe. Keine neuen Stücke, die gleichen Jokes und auch die gleiche Setlist. Das muss eigentlich nicht sein für eine Band, die wesentlich mehr Stücke in petto hat. Vielleicht war ich aber auch bereits zu müde für das dunkel ausgeleuchtete Schauspielhaus. Das frühe Aufstehen forderte Tribut.
Die Nacht war trotz meiner Müdigkeit noch lang, da der Göttertanz mit Tom Manegold im Stadtbad stattfand. Die Musik von ihm war wie immer beim Göttertanz einfach nur göttlich. An den Teppichboden im Stadtbad habe ich mich langsam gewöhnt und ich habe noch neue Bekanntschaften gemacht. Leider hätte ich mich gerne noch etwas länger mit der Norwegerin unterhalten, was aber leider nicht klappte. Das werde ich dann im nächsten Jahr fortsetzen, mit Namen fällt das aufeinander Zugehen auch leichter. Die Party ging nur bis sechs Uhr in der Frühe. Ich hätte liebend gerne noch länger gemacht. Tom Manegold mit seinem Göttertanz ist einfach eine Klasse für sich.
Nach der langen Nacht durfte es auch etwas später am Montag losgehen. Ein absoluter Horrortag für die Programmgestaltung, vier meiner Sachen, die ich hören wollte, spielten in einer Art und Weise, dass ich mich entscheiden musste. Ich hatte mich dazu entschieden, die Planungen so zu gestalten, dass ich Qntal hören konnte. Der einzige Haken an der Sache: Die Konzerte, welche vor Qntal im Schauspielhaus liefen, interessierten mich nicht. Aus Erfahrung weiß ich, dass es nicht ausreichend ist, erst zu Qntal zu kommen, dann steht man vor der Tür und kommt nicht mehr herein. Ich wollte nur teilweise in den sauren Apfel beißen und wollte den Gig von Die Kammer vorher im Schauspielhaus noch mitnehmen.
Mein erster Punkt auf dem Plan fand erst um 16 Uhr statt, so dass ich mich zunächst noch mit Freunden traf. Sie wollten noch einen kleinen Bastelladen besuchen, der an diesem Tag die Hintertür geöffnet hatte. Ich war schon sehr erstaunt über das Sortiment, was ich von den Braunschweiger Bastelläden in der Form nicht kenne. Es gibt doch immer wieder etwas zu entdecken. Danach gab es dann die ersten Abschiede, da sich bis auf meine Mitfahrer die ersten aus dem Freundeskreis auf den Weg nach Hause machten. Nach einem kurzen Imbiss startete das Programm dann mit Düsterpiano in der Sixtina. Irgendwie habe ich bislang in keinem Jahr so viele Konzerte in der Sixtina gehört wie in diesem Jahr. Düsterpiano war mir bei der Vorbereitung aufgrund der Spielweise auf dem Klavier aufgefallen. Ein sehr schönes Konzert auf dem E-Piano und ich habe mich köstlich amüsiert über die Bewegungen, die der Künstler beim Klavierspielen machte. Running Gag war das Mikrofon, was immer wieder nach einer Ansage in seinen Bewegungsbereich schwenkte und erst noch einmal arretiert werden musste. Das war aber eher ungeplant und seiner etwas konfusen Art geschuldet. Auf jeden Fall ist Düsterpiano mit eine der Neuentdeckungen für mich in diesem Jahr und die CD war schon in der Hot Rotation. Selten erlebt man so ein Klavierspiel von jemanden, den man am ehesten im Metal-Bereich vermuten würde, alleine schon vom Auftreten und Aussehen.
Leider musste aufgrund eines Starkregens das Konzert vorzeitig beendet werden, wobei der Künstler kurz vorher noch erwähnte, dass seine Musik so düster ist, dass sich auch der Himmel verfinstert. Während des letzten Stücks wurde durch die Techniker der Sixtina das Bühnen-Equipment schon gegen den Regen gesichert, aber irgendwann war der Punkt gekommen, an dem theoretisch auch das Klavier hätte anders gestellt werden müssen. Ein Regentag ist leider fast Standard auf dem WGT, auch wenn ich bislang selten davon direkt betroffen war. Eigentlich wollte ich zu Otto Dix in den Felsenkeller, aufgrund des schlechten Wetters habe ich von dem Weg Abstand genommen. Ein Notprogramm musste her, was ich mit dem Alten Landratsamt in der Nähe des Hauptbahnhofs fand. Auf dem Weg dorthin bin ich beim Warten auf nachlassenden Regen (immerhin wurde es hinten heller) noch ins Gespräch mit anderen Besuchern gekommen, die auf dem diesjährigen 24. WGT das 24. Mal dabei waren. Nicht die Ersten der ersten Stunde, welche ich in Leipzig kennen gelernt habe. Aber die elf Jahre werde ich wohl nicht aufholen können.
Im Alten Landratsamt erwarteten mich zunächst Spiral 96. Die Jungs haben mich doch ziemlich überrascht, insbesondere, weil ich sie gar nicht auf dem Plan hatte. Ein ziemlich druckvolles Konzert erwartete mich, bei dem sie oldschool-mäßig Wave mit ihren Gitarren auf die Bühne brachten. Nicht das erste Mal, dass ich vom Notprogramm überrascht wurde. Die nachfolgende Band The Essence fand nicht mein Geschmack und ich habe mich dann zur geplanten Zeit auf den Weg ins Schauspielhaus gemacht. Das Konzert von Sea + Air hätte kurz vor dem Ende stehen müssen, als ich dort eintraf, ich schaute mir die Schlangenlänge vor dem Schauspielhaus an und habe mich dann zur nächsten Programmänderung entschieden. Die Wahrscheinlichkeit für einen Einlass war mir dann doch zu gering, als dieses Risiko einzugehen, an diesem Abend nichts mehr zu schaffen aufgrund der langen Wege und der Termine der einzelnen Konzerte. Trotz des Wetters dann also Open Air.
Ich habe dann kurz im Hotel gestoppt, um Regenschutz und Verpflegung für den Abschlusstanz der Blauen Stunde mitzunehmen. Die Verpflegung wurde dann bei einem kurzen Stopp an der Bornaischen Strasse eingelagert und ich machte mich dann auf den Weg zum Heidnischen Dorf. Haggard war die erste Band, die mich dort erwartete. Auch wenn ich kein Fan von Metal bin, mag ich Haggard sehr gerne von Zeit zu Zeit hören. Sie spielten wie gewohnt einen guten Gig, dabei spielten sie erwartungsgemäß die bei einem Haggard-Auftritt zu erwartenden Stücke. Zum Beginn des Konzerts musste ich leider auch meine Regensachen überstreifen, weil der Regen wieder stärker einsetzte. Der Regen hörte dann auch pünktlich zum Ende des Konzerts auf und meinen Augen waren noch ganz. Es gibt immer wieder Leute, die in so einer dicht gedrängten Masse zum Regenschirm greifen. Das kam bei allen umstehenden Personen nicht besonders gut an.
Nach Haggard fand ich Zeit, um noch ein wenig über den Markt zu schauen. Besonders wichtig war noch eine Kleinigkeit zum Essen. Es gibt dort zwar viel Speis und Trank, aber wie es auf Mittelaltermärkten so ist, sollten auch keine Ansprüche gestellt werden. Bei meinen Unverträglichkeiten ist es nur immer etwas problematisch. Ziemlich pünktlich konnte dann das Konzert von Mila Mar starten, das abschließende Highlight meines diesjährigen WGTs. Trotz der technischen Problem während des Konzerts, als vom Synth kein Signal mehr am Mischpult ankam, war es wirklich ein wunderbares Konzert zum Träumen zur schönen Musik von Mila Mar, die ihren ersten Auftritt seit 10 Jahren meisterten. Daneben war es mir auch noch gelungen, einen Platz zu finden, an dem alle um mich herum sich für das Konzert interessierten und nicht die ganze Zeit am Reden waren. Ich bin schon auf weitere Konzerte von Mila Mar gespannt und ob sie irgendwann eine neue CD in Angriff nehmen werden.
Zum Ausklang ging es dann zurück in die Bornaische Strasse zur Blauen Stunde. Es gab wieder viele interessante Gespräche mit Bekannten und Unbekannten, wobei es auch immer wieder erstaunlich ist, wenn sich herausstellt, dass man die gleichen Leute in Braunschweig kennt, obwohl der Gesprächspartner gerade aus München ist. Die Welt ist immer wieder klein. So gegen drei Uhr morgens war ich des Philosophierens müde und der Wein geleert, so dass ich mich auf den Weg zurück ins Hotel machte. Bis 11:00 sollte man schließlich das Zimmer verlassen haben und als Fahrer sollte ich halbwegs ausgeschlafen und nüchtern sein. Vielleicht sollte ich doch über eine Rückfahrt am Mittwoch nachdenken, wie es Bekannte machen, um die Blaue Stunde bis zur morgendlichen blauen Stunde genießen zu dürfen.
Vor der Rückfahrt habe ich mich noch mit meinen Mitfahren in der Le Petite Absintherie getroffen, was etwas länger gedauert hat als gedacht. Die Rückfahrt führte mich dann über verschlungene Wege in Halle über Nordhausen und Braunlage zurück nach Braunschweig, da auf der A14 mit zwei Staus und einer Vollsperrung vor mir das Chaos ausgebrochen war. Interessant war der Zwischenstopp auf einen Milchkaffee in Braunlage in einem etwas urigen Kaffee. Ein Kulturschock nach den Tagen in Leipzig (… und auch für die anwesenden Gäste). Dort lagen einige Bücher aus und direkt neben mir lag eine Märchenbuchsammlung mit dem Namen „Die Schwarze Spinne“. Komischerweise war mir der in dem Buch enthaltende namensgebende Titel direkt vor dem WGT schon über den Weg gelaufen in Form der Novelle „Die Schwarze Spinne“ von Jeremias Gotthelf. Ich kam dann nicht umhin, mir diesen Werk zu besorgen, und ich habe seit langem nicht mehr ein Buch so verschlungen, was alleine schon an der lebendigen Sprache aus dem 19. Jahrhundert liegt.
Trotz einiger Unannehmlichkeiten und den teilweise nicht so gut empfundenen Konzerten hat sich das WGT 2015 auf jeden Fall wieder gelohnt. Das Zimmer für das nächste Treffen 2016 ist bereits gebucht. Bis dahin habe ich dann Zeit, den Fingerzeig mit dem Buch „Die Schwarze Spinne“ in meinem Leben Eingang finden zu lassen und vielleicht auch einmal den Umstand zu ändern, dass ich in Leipzig wesentlich besser vernetzt bin als an dem Ort, an dem ich die Zeit zwischen diesen Zeiten der erlebnisreichen Welt WGT verbringe.