Von Matthias Bosenick (10.05.2015) / Auch auf Kult-Tour – Der Stadtblog
Wie auch immer sich die Welt entwickelt, in Sachen Technik, Politikverdrossenheit, Rechtsruck, Internet, Mainstreamisierung und weiß der Geier was – eines wird es gottlob immer geben: die kleine schranzige linke Punkband aus dem Keller nebenan. Kackschlacht ist eine dieser kleinen Bands, vielmehr: Es ist ein Duo aus Braunschweig, das die Welt wie selbstverständlich aus einer in ihrem Genre relativ allgemeingültigen Punk-Attitüde betrachtet, die mittlerweile älter ist als die beiden Brüder selbst. Als Kackschlacht orientieren sie sich musikalisch am schnellen Wenige-Akkorde-Schrammel-Punk, den man eher selten für seine Virtuosität goutiert. Da geht es vielmehr um Slogans, Energie, Antihaltung; all das allerdings mit einiger Ironie. Schick: Die knapp neun Minuten Musik kommen auf einer Sieben-Zoll-Vinylsingle – in Gelb.
Punk-Duos sind keine Seltenheit, zu den berühmtesten zählten sicherlich die Abstürzenden Brieftauben. Die Brüder „Bomber“ und „Bärtchen“ alias Tomasz und Thiemo „Kloinert“ spielen ansonsten bei E-Egal und Kippen und hier bei Kackschlacht mit Gitarre und Schlagzeug schnellen schrammeligen Punk. Der Sound ist um Längen besser als der der Endsiebziger-Frühachtziger-Vorbilder, die man schon seinerzeit maximal als Single erwerben konnte, wenn nicht ausschließlich als Tape oder sogar lediglich auf Konzerten, weil ein Tonträger ja schon ein Zugeständnis an den Kapitalismus gewesen wäre. Mit ihrem spärlichen Instrumentarium erreichen Kackschlacht einen dichten Sound, dem man das Fehlen des Basses kaum anhört. Zu mehr als drei Akkorden reicht es auch hier nicht, das würde vermutlich nur unnötig vom Pogen abhalten. Mit handwerklich ordentlichen Fills bringen sie dennoch reichlich Struktur in ihre Mikrostücke. Dem ungeübten Hörer fällt es wie bei fast jeder Punkband eher schwer, Kackschlacht allein an der Musik aus der Masse der anderen Punkbands herauszuerkennen. Aber darum geht es dabei ja auch nicht. Man kann so etwas dann ja trotzdem auch nochmal selbst machen, obwohl es das schon abertausendfach gibt.
Inhaltlich wendet sich Kackschlacht angepisst vom Rest der Gesellschaft ab. Und der ist gigantisch groß, verglichen mit dem hier gültigen Kackschlacht-Universum. Der nächste verachtenswerte Gutmensch, Hipster, Spacko, Normalo wartet schon nebenan, im schlimmsten Fall sogar in der eigenen Szene. Für ihre Abneigung finden Kackschlacht harsche Worte, aber die Bilder sind so treffend, dass man den Brüdern auch ohne eine Punkattitüde weitgehend zustimmen mag. Sie entlarven den Unsinn, dem die Massen unreflektiert folgen, und grenzen sich davon ab. Und zwar lauthals. Die Single ist ein Schrei nach Ruhe für sich selbst und Veränderung für den Rest der Welt.
Das Cover ziert ein winkender Franz Beckenbauer; damit reiht er sich in die Gruppe der bisherigen Coverpersonen ein, die dem Betrachter mit ähnlicher Geste entgegenblicken: Helmut Kohl und Papst Johannes Paul II. Die Ähnlichkeit der Gesten zum Hitlergruß ist sicherlich die Absicht dahinter, da lässt sich aus Sicht der linksorientierten Punks einiges hineininterpretieren. Die zehn Songs sind zusammen keine neun Minuten lang – auch das passt zum Punkrock. Live muss es vor der Bühne mächtig abgehen. Auch so macht es Laune und bringt Erinnerungen zurück an Zeiten, als man sich noch von verranzten Konzerten zerkratzte Singles mit nach Hause nahm. Zerranzt ist diese hier aber nicht, im Gegenteil: qualitativ hochwertiges Vinyl, professionelle Verpackung. Ja Scheiße, es ist geil, das Ding in den Händen zu halten, es aufzulegen und sich dann davon das Hirn ausblasen zu lassen.
Auf der Bandcamp-Seite von Kackschlacht kann man ins bisherige Oeuvre hineinhören und Kontakt zu den Brüdern aufnehmen.