Von Matthias Bosenick (20.09.2023)
Soundtüftler Tobi Morare kategorisiert seine neue EP „Urban Heat“ als Hip Hop, womit er grundsätzlich selbstredend richtig liegt, doch ist sein Horizont weiter als das, weshalb er in der knappen Viertelstunde Musik noch ganz viele andere Sounds der Neunziger unterbringt, Kruder-&-Dorfmeister-Downbeat oder Reggae etwa. Seine samplebasierten Tracks kommen ohne Stimme aus und eignen sich bestens dazu, in der brütenden Sommerhitze mit dem heruntergekurbelten Fenster durch die Stadt zu juckeln. Chillig am Strand lümmeln mit einem farbenfrohen Getränk in der Hand geht auch. Und der Kopf beginnt sofort zu nicken.
Morares Beats laufen klassisch über Samples, wie in den Ursprüngen des Hip Hop aus Soul, Jazz und Funk, mit der typischen repetitiven kurzen Segmentierung, die die Tracks so eingängig macht, und er hat das Händchen für die exakt richtigen Momente seiner Vorlagen, mit denen er seine eigenen Tracks variantenreich gestaltet und nicht etwa monoton. Seine urbane Hitze groovt entspannt, man kann gar nicht anders, als mit dem Fuß zu wippen und mit dem Kopf zu nicken.
Jede der fünf zweieinhalbminütigen Miniaturen hat eine eigene Seele. Der titelgebende Auftakt ist sehr dem klassischen Hip Hop verpflichtet, mit fetten gebrochenen Beats, Trompete und Orgel, mit einem Kopfnicker in Richtung „Cantaloop“ von US3. „Flying High“ könnte man sich auch in einem DJ-Set von Kruder & Dorfmeister vorstellen, mit chilliger Trompete, fluffiger Gitarre und gescratchtem Pianosolo zu strandtauglichen Downbeats. „Marmari“ hat den elektrischen Funk zum Hip-Hop-Beat, „Ghetto Beat“ hingegen birgt mit der Kombination aus den Beats und den angeordneten Samples Hip-Hop-Details, die an Arrested Development, Cypress Hill oder A Tribe Called Quest erinnern. „Desert Eagle“ verkürzt das rhythmisch wiederkehrende Hintergrund-Sample nach Art des Wu-Tang Clan und nutzt es als Grundlage für einen Reggae-Rhythmus, mit Mariachi-Trompete und Beastie-Boys-Orgel.
Geiler Mix, den Morare da zusammenrührt, überwältigend vielseitig für so eine kurze EP. Aber die Zwölfeinhalb Minuten kann man ja einfach nochmal und nochmal hören. Oder gleich wieder auf sein Album „Soul Kitchen“ aus dem Vorjahr zurückgreifen. So wat’cha want? Get funky!