Shaun das Schaf 2: UFO-Alarm (Farmageddon) – Will Becher & Richard Phelan – GB 2019

Von Matthias Bosenick (17.10.2019)

Fast alles richtig gemacht! Die Gagdichte ist immens, die Figuren sind grandios, die Geschichte ist schlüssig, der vertraute Kosmos ist eingehalten, der Spaß richtet sich an alle Altersstufen, die Anspielungen sind Legion, die Schnappatmung ist garantiert. Da nimmt man die zu sehr kindgerechten Anteile, den leichten Qualitätsabfall gegen Ende und den miesen Soundtrack trotzdem dankbar in Kauf. Im zweiten Kinofilm trifft das Knetgummischaf Shaun aus dem Umfeld von Wallace & Gromit auf ein Alien und hilft ihm, zu seinem Planeten zurückzukehren. Ohne Worte!

Wie soll man von einem Film erzählen, in dem kein Wort fällt? Es macht immer wieder sprachlos, wie viel Inhalt, Gefühl und Handlung bei den Shaun-Abenteuern komplett sprachlos zum Ausdruck kommen, sieht man von Schildern und Zeitungsüberschriften (mit Grammatikfehlern!) ab. Ein pastelliges Alien mit übernatürlichen Kräften und nicht von ungefähr kindlichem Gemüt landet dieses Mal im Schafstall. Shaun freundet sich selbstredend stante pede mit ihm an und sucht die verloren gegangene fliegende Untertasse des Wesens. Dabei sieht sich das Duo diversen anderen Interessen ausgesetzt: Hütehund Bitzer will natürlich die Herde beisammenhalten, der Farmer sieht im Alienrummel seine Chance für einen UFO-Vergnügungspark namens „Farmageddon“ gekommen und eine Gruppe bewaffneter Alienjäger jagt das Alien. Am Ende kommen alle zu ihrem Recht, und das ist einer von vielen überraschenden Kniffen im Drehbuch.

Als wäre das nicht genug, hat man es auch noch mit einer immensen, zumeist auf britischem Humor basierenden Gagdichte zu tun. Den Autoren fallen dazu so viele Lustigkeiten ein, dass sie keine plattwalzen müssen: Hat man einen Witz gesehen, ist er auch schon weg und das nächste Dutzend Gags steht schon für ein kurzes Aufflackern parat. Manchmal ist man ganzen Wimmelbildern ausgesetzt, die schneller verschwunden sind, als man alle Details wahrgenommen haben kann. Man kann sich nur auf die DVD und seine Pausentaste freuen.

Natürlich wildert das Team zunächst in allen erdenklichen SciFi-Formaten, von „Doctor Who“ über „Akte X“ bis „2001: Odyssee im Weltraum“. Der überwiegende Teil der Gags ergibt sich aber situationsbedingt aus der Plot- und Figurenkonstellation, steht also selten für sich allein da, und lässt auch den guten, alten Slapstick nicht aus. Die Hauptgegenspielerin etwa ist die Leiterin des MiB-Teams, eine Gothic-Version von Dana Scully, die irrtümlich Bitzer für das Alien hält; allein der Hintergrund dafür ist gut konstruiert. Schön ist, dass den Autoren aber auch für diese Furie eine menschliche Seite einfällt. Das UFO-Jäger-Team dieser Agentin besteht aus gesichtslosen Menschen in gelben Schutzanzügen, und die machen allerlei Unsinn im Hinter- oder Vordergrund: Staubsaugen, Stullen futtern, Cola nicht trinken. Handwerkende Schafe, gebeamte Stiere, geplagte Porzellanläden, selbstherrliche UFO-Jünger, geldgierige Farmer in Unterhose, ein Geräusche kopierendes Alien, schwitzende Roboter, Pizza, Tiere, Sensationen: Es muss für Drehbuchautoren herrlich sein, bekloppte Ideen haben zu dürfen und diese auch noch im Film unterbringen zu können.

Gegen Ende geht ihnen allerdings etwas die Luft aus. Als sämtliche Beteiligten den Vergnügungspark in Schutt und Asche legen, ist zwar jede Menge Tempo drin, aber kaum noch Handlung, da hätten es zehn Minuten weniger auch getan. Dafür ist das Finale der Szene versöhnlich rührend. Und man hat immer noch genug zu lachen: Als Shaun die Agentin mit dem großen F von „Farmageddon“ bewirft, ruft sie „Ack!“ – ergibt phonetisch „Fack“. Die Szene im Kaufhaus überdies ist auch viel zu überdreht und bunt, da erkennt man, dass die sich direkt an die Kinder richtet. Laute Rülpser ziehen immer. Und auch in diesem Chaos verstecken die Autoren noch unfassbare Ideen. Letztes Manko ist der Soundtrack, der bis auf „Out Of Control“ von The Chemical Brothers nur unhörbare Radio-Gebrauchsmusik beinhaltet.

Schön ist, dass dieses Spektakel sich passgenau ins bestehende Shauniversum einfügt: Wer die Serie liebt, entdeckt die vertrauten Elemente wieder, und die Figuren verhalten sich auch, wie man sie kennt. Damit ist dieses ein seltener gelungener zweiter Kinofilm überhaupt und sogar weit besser als die letzten Episoden der TV-Serie. Außerdem stellt das Autorenteam so sicher, dass die Figuren hier zwar auch niedlich sind, aber nicht im kitschigen Disney-Stil. Das letzte Wort hat Shaun: