Sacred Son – The Foul Deth Of Engelond – Sacred Son 2022

Von Matthias Bosenick (28.07.2022)

England hat schon wieder die Pest, und der Londoner Dane Cross macht ein Album darüber. „The Foul Deth Of Engelond“ ist das zweite Album seines Projektes Sacred Son, auf dem er mit einer ganzen Band auftritt, und sein vormaliger One-Man-Black-Metal bekommt dadurch eine wohltuende Wärme. Nicht erst seit dem Solo-Debüt des Dawnwalker-Musikers ist klar, dass er mehr zu bieten hat als nur den in Black-Metal-Kreisen provokativen Lacher mit dem Cover, auf dem er mit Sonnenbrille am Strand zu sehen ist. Diese optische Leichtigkeit behält auch die Band Sacred Son bei, die musikalische Wucht und Schwere kommt hier sogar noch viel besser zur Geltung als auf den drei Alben davor. Fassettenreicher Black Metal, der die Genregrenzen gottlob sprengt. Und das pestfaulige England gleich mit.

Nicht nur Cross kann was, kompositorisch und musikalisch, auch die Leute, die er für dieses Album zusammentrommelte, beherrschen ihre Instrumente, und so kommt es, dass die angenehm abwechslungsreich arrangierten Stücke dieses Albums mal so richtig gut gelungen sind und für das Genre ungewöhnlich, aber sehr herzerwärmend warm klingen. Black Metal ist maximal die äußere Schale für diese Musik, die mit Blastbeats und Keifgesang unterlegten flirrenden Gitarrenteppiche nehmen hier einen vergleichsweise geringen Anteil ein. Schon der Gesang unterscheidet sich: Cross‘ Stimme ist eigentlich zu tief für den Black Metal, seine Growls erinnern eher an den frühen Mikael Åkerfeld, als Opeth noch trve waren. Sofern er nicht bedrohlich flüstert, was ebenfalls ziemlich geil kommt.

Nicht nur den klassischen Black Metal spart die Band hier weiträumig aus, auch den modernen Post Black Metal wendet sie nur sporadisch an, wenn die Stücke von neuerdings ja sogar dem Feuilleton gefallenden atmosphärischen Passagen unterbrochen sind. Was hier auch gut kommt, denn die Tracks sind angenehm vielschichtig, da ist überzeugend Platz für so etwas. Weil das Drumherum so überzeugend passig zusammengestellt ist. Death Metal etwa kommt hier sehr stark zum Einsatz, in dem Kontext haben die beschleunigten Passagen beinahe eine Anmutung des Punk. Sobald es stiller wird, driftet die Musik auch mal ins Neoklassische, wo nicht der Postrock den Vorrang hat. So richtig mittelalterlich wird es trotz der Themen mit ebenjenem Bezug eigentlich nie, erst das finale „Vengeance I & II“ hat eine vergleichbare Anmutung, ohne eine entsprechende Instrumentierung indes, also gottlob nicht so jahrmarktartig wie von den kitschigen deutschen Mittelaltercombos. Und auch nicht vergleichbar mit Heltekvad; die erste Hälfte des Stückes erinnert eher an Dead Can Dance, bevor die Gewalt wieder losbricht.

Bei aller zugrundeliegenden Wut ist die Musik natürlich vorrangig brutal, aber eben nicht ausschließlich, und Sacred Son beherrschen auch das Hymnische und den Dreivierteltakt, was man ja beides im Black Metal auch ganz gern hat. Und verdammt, die Mischung geht gut auf, „The Foul Deth Of Eneglond“ macht einen Heidenspaß. Was natürlich auch an der live erprobten Band liegt, die Cross hier um sich schart.

Cross übernimmt neben dem Gesang auch Bass und Keyboards. Gitarrist Mark Norgate, Cross‘ Band-Chef bei Dawnwalker, war schon auf dem zweiten Album „Arthurian Catacombs“ zu hören und schoss dessen Coverfoto. Auch VENN-Gitarrist Stuart Gardham und Wrott-Schlagzeuger Jamie Tatnell waren an jenem Album bereits beteiligt. Für den Black Metal eher ungewöhnlich sind hier zwei besondere Mitmusiker: Artem Litovchenko spielt das Cello und Tetiana Franchenko das Piano – beide eine grandiose Ergänzung für diesen Sound, ebenso der Gesang von DOLLS-Musikerin Jade Ellis im Abschlusstrack.

Zum Inhalt: Natürlich setzt sich „The Foul Death Of Engelond“ mit der Pest im 14. Jahrhundert auseinander. Aber Cross wäre nicht Cross und Black Metal nicht zeitgemäß, zöge er keine Querverweise auf die Gegenwart, und da hat England ja nun einiges an Pestilenz zu bieten, vom Umgang mit Corona, der Pest von jetzt, bis hin zum Brexit. Nicht ohne Grund lauten die letzten Worte der Info „Tod allen Schmeichlern!“ Gawd, macht dieses Album Spaß!