Mortdecai – David Koepp – USA 2015

Von Matthias Bosenick (24.01.2015)

Was für ein unfassbarer Scheiß. Man sieht die guten Ansätze, man erkennt, was der Film sein will, aber leider hat man da die falschen Leute machen lassen. Offensichtlich versuchte da jemand, eine Gaunerkomödie der 60er und 70er in die Jetztzeit zu verlegen (allen voran die „Pink Panther“-Filme von Blake Edwards), erreicht aber nicht einmal die Klasse der selbst meistens schon lediglich mittelmäßigen Vorlagen und verliert sich darüber hinaus noch in stressigen Albernheiten und kindischen Kotzwitzen. Dabei ist die Geschichte an sich sogar recht einfallsreich und spannend, aber der Film versaut das letzte Bisschen Qualität. Hauptdarsteller (und Filminitiator!) Johnny Depp ist im Gegensatz zu sonst dieses Mal nicht nur kein Grund, den Film zu sehen, sondern sogar der Grund, es genau nicht zu tun.

Überraschte der Trailer noch mit einem Johnny Depp, der mit seinem Moustache einmal mehr völlig anders aussah als in seinen anderen 100 Filmen, und mit einer Filmidee, die – ähnlich wie bei „Fluch der Karibik“ – trotz zweifelhafter Eindrücke Hoffnung darauf machte, doch noch bestens unterhalten zu werden, erfüllt der Film die Erwartungen in keinem Moment. Wie konnte das nur dergestalt schieflaufen.

Overacting nennt man das wohl: Depp gibt seiner Figur zu viel Deppentum, er stellt den Meta-Humor in der Gesellschaftsschichtenkritik direkt neben den Menschen Lord Charlie Mortdecai, den er spielt, und erreicht damit, dass man die Titelfigur nicht nur nicht ernst nehmen kann, sondern ihr auch noch mit Abscheu begegnet. Die insgesamt völlig überdrehten Figuren und Geschehnisse lenken dann auch noch davon ab, dass es sich bei der Story um ein an sich spannendes Whodunnit handelt. Doch ist einem der Ausgang der Geschichte bei all den beteiligten Trotteln schnell wurscht.

Der Gelegenheitskunstdieb Mortdecai soll für das MI5 den Diebstahl eines zu restaurierenden Goya-Gemäldes aufklären, um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, und kommt dabei diversen gewaltbereiten an dem Gemälde Interessierten in die Quere. Man verfolgt, wie er sie alle und die Justiz auszutricksen versucht, weil es ihm selbst darum geht, von seinen acht Millionen Pfund Schulden herunterzukommen. Seine Frau (Gwyneth Paltrow) distanziert sich von ihm, weil er sich den Schnauzbart wachsen ließ, sein Butler kassiert statt Mortdecais die abgefeuerten Kugeln und außerdem dauernd irgendwelche willigen Weiber, der Inspektor (Ewan McGregor) soll ein Trottel sein, ist aber letztlich die einzig wirklich erträgliche Figur im Film.

Der Film versucht, Mortdecai wie einen englischen Adligen alter Schule darzustellen, mit Butler, Schloss und Rolls Royce sowie entsprechenden Umgangsformen, mit denen er aber natürlich ständig bricht, wie witzig. Dieser Anachronist trifft nun im Jetzt auf Verbrecher von jetzt, die natürlich anders mit ihm umgehen, als es wohl die Verbrecher der 70er Jahre mit Adligen getan hätten; das kennt man so aus den Filmen von damals. Eine schöne Grundlage für feinsinnigen Humor wäre dies, wenn man nicht Amis an dieses europäische Thema herangelassen hätte. Grimassen, Kotze, Stammeleien und Widersinnigkeiten dokumentieren deren verzweifelten Versuch, den englischen Humor zu adaptieren. Klappt nicht. Hat noch nie geklappt. Zwei, drei Mal muss man vielleicht kichern, weil tatsächlich etwas Unerwartetes passiert. Den Rest der Zeit wartet man genervt aufs Ende und schämt sich.

Man schämt sich noch viel mehr, wenn man erfährt, dass sich Depp höchstselbst darum bemüht hat, dass Regisseur David Koepp den Stoff aus den 70ern mit ihm verwirklicht. „Mortdecai“ basiert auf einem Roman von Kyril Bonfiglioli, einem englischen Kunsthändler, der sich selbst in seiner Trilogie als jener Mortdecai porträtierte. Der Film „Mortdecai“ basiert auf dem ersten Band „Don’t Point That Thing At Me“ – es steht also zu befürchten, dass man die zwei anderen Bände auch noch verfilmen will. Man hätte sogar gewarnt sein müssen: Koepp und Depp verwirklichten schon „Das geheime Fenster“, der auch nur gerade so mittelmäßig war. Aber noch lange nicht so schlimm wie dieser Film hier.