Meat Beat Manifesto – Kasm 2.2 – Skam 2015

Von Matthias Bosenick (19.07.2015)

Nicht nur die plötzliche Hintenrum-Veröffentlichung an sich ist eine unerwartete Überraschung, schließlich liegt das letzte Lebenszeichen von Meat Beat Manifesto, die „Test EP“, schon drei Jahre zurück; auch inhaltlich erstaunt es: „Kasm 2.2“ bietet rein elektronische Frickelbeats, die nahezu melodielos und recht entspannt die Beinmuskulatur stimulieren, mit den üblichen Atmosphären, die man von MBM-Kopf Jack Dangers kennt. Also keine Jazzexperimente mehr, kein Live-Schlagzeug, keine basslastigen Breakbeat- und Dubstep-Ausflüge. IDM in Reinkultur – kein Wunder, stellt doch Skam eines der führenden IDM-Labels schlechthin dar und etabliert jenes mit Kasm zurzeit ein neues 10“-Sublabel.

Seit 1988 hat Jack Dangers das akustische Erscheinungsbild seines Hauptprojektes Meat Beat Manifesto unzählige Male verändert, und doch erkennt man bei allem, was er tut, stets seine Handschrift: Unter den verspielten Beats liegen Bassläufe und Stimmungen, die nicht den üblichen Liederformaten entsprechen. Zunächst erinnern die Sounds womöglich an Horrorfilmuntermalungen, die einsetzen, bevor man sich wirklich zu gruseln hat: Sie erzeugen also ein latentes Gefühl von Beklemmung, oder zumindest die Vorstufe davon, ein Unwohlsein, das in eine erhöhte Wachsamkeit führt. Aber das nur auf den ersten Eindruck, man gewinnt Dangers‘ Sounds schnell lieb und lässt sich in sie fallen, denn man weiß aus langjähriger Erfahrung, dass er einem nichts Böses will. Er hat lediglich eine erwachsenere Idee von Unterhaltung.

So verfährt Dangers auch auf „Kasm 2.2“. Auf den vier Tracks, die zusammen keine 20 Minuten dauern, bleibt er zumeist im Midtempo, also eher fürs chillige Moven als fürs clubtaugliche Abtanzen. Und weil Dangers stets zu einer spannenden Komplexität neigt, eignen sich die Tracks auch zum aufmerksamen Zuhören zuhause. Oder nachts beim Autofahren.

Was hier also fehlt, sind die akustischen Experimente, die krassen Sounds, die fetten Beats, die unerwarteten Breaks, die lustigen Samples, die artfremden Jazzinstrumente, also die Erkennungszeichen, mit denen MBM zuletzt unterwegs waren. Die Bonus-DVD der „Test EP“ zumindest legte mit den exklusiven Instrumentals erste Hinweise auf die heutige Richtung aus; dort verwies Dangers noch intensiver als jetzt mit „Kasm 2.2“ auf seine Acid-House-Wurzeln der späten 80er. Interessant ist nun, in welche Richtung potentielle nächste Veröffentlichungen unter dem Banner Meat Beat Manifesto gehen. Diese zumindest ist spannend genug für einen Erwerb.

Die 10“ hat allerdings keinen Download-Code und ist limitiert auf 300 Stück. Den ersten Teil der Reihe bestritt kürzlich das IDM-Duo The Fear Ratio.