LCD Soundsystem – Shut Up And Play The Hits – Will Lovelace & Dylan Southern – USA 2012

Von Matthias Bosenick (07.12.2012)

James Murphys kleines Bandprojekt LCD Soundsystem stach von Anfang an aus der Masse der Nullerjahrebands heraus. Murphy war bereits erwachsen, als er das Projekt ins Leben rief, und nicht minder erwachsen war seine Entscheidung, es auf dem Höhepunkt des Ruhms zu beenden. Furios gar, mit einem dreieinhalbstündigen Konzert im New Yorker Madiscon Square Garden. „Shut Up And Play The Hits“ begleitet Murphy rund um den 2. April 2011, den emotional bewegenden Schicksalstag dieses Konzertes. Die DVD beinhaltet als Bonus das gesamte Konzert, das mit noch mehr wundervollen Momenten bespickt ist, als der Film zeigt. Alles großartig, bis auf das Ende.

Als Erwachsener hatte Murphy von Anfang an eine andere Herangehensweise an Leidenschaft, als es Zwanzigjährige haben. Auch er hat seine Vorbilder, man hört sie deutlich heraus, aber er belässt es nicht beim Kopieren, er macht etwas Eigenes daraus, das es kein zweites Mal so gibt, denn !!!, die einzigen Verwandten, sind weniger elektronisch und beseelt, aber genauso tanzversessen. Ums gehaltvolle Tanzvergnügen geht es, zitiert bei den Talking Heads, bei Chic, bei Suicide, und – lauscht man „Losing My Edge“ genauer – bei ganz vielen weiteren Bands unterschiedlichster Genres. Heraus kommt ein Groovemotor, der mit hypnotischen und eingängigen Sounds zum Tanzen und mit Murphys eigentlich gar nicht zum Singen geeigneter Stimme zum Zuhören zwingt. Und glücklich macht. Das sieht man den gefühlt drei Dutzend Mitmusikern auf der Bühne auch an, rekrutiert unter anderem bei Arcade Fire und Fall On Your Sword, so viel Luxus leistet sich Murphy, auch bei den Kameraleuten, denn einer der elf ist Spike Jonze. Die glücklichen Gesichter auf der Bühne bewegen jedes Herz, insbesondere das Gesicht von Keyboarderin Nancy Whang, man möchte mitten in „Someone Great“ das Bild anhalten, wenn sie entrückt in die Kamera lächelt. Wenn dann in „New York I Love You But You’re Bringing Me Down“ die Luftballons auf die ausgelassenen 20.000 Fans niedergehen, hat man Tränen in den Augen und heult nach dem Schlusston mit den Besuchern.

Und mit James Murphy, als er am Folgetag im Lager vor den ordentlich gestapelten Instrumenten steht. In einem immer wieder dazwischengeschnittenen Interview lässt Murphy tief blicken, über seine Beweggründe, über seine Konsequenz und auch über seine Zweifel. Wenn er dann am nächsten Tag wie angekündigt einfach nur Kaffee macht und auf dem Bett mit offenem Hemd an einen dicklichen Howard Carpendale erinnernd seine Französische Bulldogge liebkost, dann trifft die Wucht dieser Entscheidung, die Band zu beenden, auch den Zuschauer. Und man bekommt riesigen Respekt vor ihm.

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