Harri Kauppinen – Helvetin laulut – Concorde Music Company/Inverse Records 2016

Von Matthias Bosenick (31.08.2016)

Ein einsamer Mann mit langen, dünnen schwarzen Haaren, die unter einer schwarzen Wollmütze hervorsprießen, sitzt im herbstwinterlich kahlen Wald und tippt murmelnd auf seiner Schreibmaschine herum. Zwischendurch holt er seine Klampfe heraus und intoniert dunkle, doomige, folkige Gothicrocksongs auf halblustigem Finnisch. „Höllenlieder“, wie der Albumtitel „Helvetin laulut“ übersetzt heißt. Harri Kauppinen war einst Sänger der Darkmetaler Beyond The Dream, von denen auch keiner je etwas gehört hat. Sein Debyyttialbumi indes überrascht: Besonders der harte finnische Zungenschlag, den man dank Eläkeläiset eher in Lustig kennt, kontrastiert den gar nicht so stark klischeebeladenen schleppenden Gruftrock sehr angenehm.

Klar ist: Gute Laune geht anders. Miese Laune aber auch. Harri ist vielleicht etwas traurig, ganz bestimmt ist er nicht so richtig glücklich mit dieser Welt an sich. Deshalb, so die Info, singt er Höllenlieder, weil er die Welt, die ihn umgibt, nicht als das gern postulierte Paradies wahrnimmt. Keine überraschende Erkenntnis, aber eine, die ihn zu spannender Musik animiert.

Die schleppt sich so durch den finstren Wald. Die Stromgitarren sind alle schön tief gestimmt, dazu klampft er akustisch, klimpert auf den schwarzen Tasten eines Pianos, streicht den Bogen spärlich über das Cello, bedient einzelne Töne des Glockenspiels, singt mit sich selbst im Chor oder spricht seine eindringlichen Botschaften so akzentuiert, dass man nicht anders kann als anerkennend schmunzeln. Und sich dann ehrfürchtig über diesen Mut freuen.

Zur Hälfte des Albums, nach der zweiten Etappe auf der Schreibmaschine, zieht Harri auch mal das Tempo an und packt die eindringliche Opulenz aus. Schön an seiner Musik ist, dass er sie nicht mit Effekten überlädt, wie es nicht nur im finnischen Gruftmetal ansonsten üblich ist, sondern immer genug Platz für Atmosphären lässt. Das hat er von Leuten wie Alcest gelernt, nur ohne die Blastbeats. Wie es sich im postmodernen ambientinfizierten Doom und Black Metal gehört, hat Harri einige eingängige Melodien in petto; zwar sind sie nicht so sehr abwechslungsreich, doch wenn man sich mehr auf die Arrangements konzentriert und ansonsten dem Zungenschlag an sich lauscht, genügt das. Und wenn Harri bald mit sich selbst im Militärchor skandiert, braucht er ohnehin keine Melodie.

Nach dem dritten Ausflug zur Waldschreibmaschine schiebt Harri sein Instrumentarium in die Kammer. Er verknappt seine Arrangements und stellt die Emotionen heraus. Ein bisschen Folklore, ein bisschen Neoklassik, ein bisschen Popsong: Auch das steht im gut. Zuletzt schaufelt er von allen Songs das Beste in den Rausschmeißer und zaubert ein anständiges Stück Psychedelic Heavy Doom Pop aus der Wollmütze. Alles besser als HIM, deren Produzent Hiili Hiilesmaa an diesem Album beteiligt war: Dieses Album kann man sich bedenkenlos gönnen. Anständig. Gibt’s auch als Cassette!