Von Matthias Bosenick (14.02.2025)
Die Neunziger sind einfach nicht totzukriegen, und das ist in manchen Bereichen auch ganz gut so, zum Beispiel in diesem: Bloke ist ein Trio aus Berlin und London, das sich mit „Living Without Expectations“ dem Noiserock, dem zerschroteten Indierock und dem Shoegaze widmet – als Melange mit eigenem Anstrich. Diese Fünf-Song-EP stellt das Debüt der Band dar, aufgenommen bereits 2023, jetzt via offizieller Kanäle unter die Leute gestreut – zum Glück, da wäre einem etwas entgangen!
Die genannten Genre-Bestandteile dieser EP sind zwar weitgehend vertraut, Bloke richten sie in jedem der fünf Songs jedoch anders an und aus; gleich bleiben das eher gebremste Tempo und der verhaltene Gesang. Für den Opener „Money Says“ glätten sie den Shoegaze von etwa My Bloody Valentine, entstören also die Noiserock-Drones behutsam, addieren aber vereinzelte Feedbacks und ein Säge-Solo. In „Never Try“ rücken sie den loopenden Bass kurzzeitig in den Vordergrund und errichten darauf einen Noiserock, wie man ihn vor 30 Jahren auch bei Sonic Youth hätte hören können, also durchaus catchy, aber eben angerauht.
Für „Up Tight“ bemühen Bloke den Sound von The Jesus And Mary Chain, als sie noch die monotoneren Unterbaue pluckern ließen und darüber Feedbacks legten. „So Do I“ beginnt abermals mit einem charakterstarken Bass, den man so irgendwo im US-Industrial-Rock ansiedeln würde, bei den Swans vielleicht. Im Hintergrund des Stücks flirrt danach die Loop-Maschine, der Gesang ist keiner, sondern ein dringliches Flüstern. Die größte Abweichung stellt zuletzt „Tomorrow“ dar, das auf einer Akustikgitarre beginnt und mit der gelangweilt wirkenden Attitüde an den Britpop erinnert, aber in bekifft, und dann ganz überraschend eine Mundharmonika zum Einsatz bringt, die von einem verzerrten Slide-Solo unterbrochen wird.
Die Band Bloke ist im Grunde errichtet auf den Schultern des Berliner Künstlers Jakob Buraczekwsi, der alle Songs komponierte, das Cover designte und hier Gesang und Gitarre übernimmt. Am Bass agiert Daniel Armstrong, am Schlagzeug Henry Brewer und fürs Mastern verpflichtete das Trio den Krautrock-Veteranen Eroc. Zusammen fand die Band zwar in London, doch holte sie der Kopf des Ganzen nach einiger Zeit wieder zurück nach Berlin. Erste Singles erschienen bereits, „Satellite“ 2022 sowie „Chewed Up“ und „Survivor (Live at the Paper Dress Vintage)“ 2023; alle drei Songs sind auf der EP nicht enthalten und auch von den Streaming-Diensten wieder weitgehend verschwunden. Aber wir leben ja nicht ohne Erwartungen und hoffen mal – auf Wiederveröffentlichung und auf ein ganzes Album, nech!