Von Onkel Rosebud (23.01.2025)
Das wäre alles nicht passiert, wenn mein Berliner Konzertkumpel nicht eine Freundin aus Brüssel hätte. Clémence (Name von der der Redaktion geändert) versorgt uns regelmäßig mit Klangprodukten, deren Hersteller es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Thema Ruhe musikalisch einzufangen und auf die wir ohne sie nie gekommen wären. So bestand meine Motivation, mich mitten in der Woche abends in die Bundeshauptstadt zu begeben (und wieder zurück), aus Margaret Hermant. Sie ist eine Multiinstrumentalistin und Komponistin aus – genau – Brüssel. Letztes Jahr habe ich einige Stücke, wo sie mitgespielt hat, auf dem Sampler „Wind Layers“ (7K! Records) gehört und fand das interessant. Sie kommt aus dem Umfeld von Sylvain Chauveau aus – na klar – Brüssel, der bisher unter anderem durch ein kammermusikalisches Tributalbum zu Depeche Mode aufgefallen ist. Margaret Hermants Hauptband heißt Echo Collective.
Deren Musik ist schwer einzuordnen. Da mir aber keine Schublade fremd ist, ziehe ich für sie experimentellem Postrock, Synth-Pop und Black Metal auf. In jedem Fall sehr kinematisch. Und falls das Etikett „Post-Klassik“ noch nicht erfunden wurde, dann melde ich das hiermit für Echo Collective zum Patent an.
Das silent green ist ein cooler Veranstaltungsort in den historischen Räumlichkeiten des ehemaligen Krematoriums in Wedding, das bis 2001 in Betrieb war. In der früheren Leichenlagerhalle durfte ich kurz nach Corona mal Arab Strap erleben. Clémence, Konzertkumpel und ich sind ausgeschlafen, was schon mal die wichtigste Voraussetzung für den superguten Abend ist.
Das Konzert findet in der 17 Meter hohen Kuppelhalle, ein neoklassizistischer Bau, wo früher die Urnen drapiert wurden, statt. Das allein ist schon ein Banger. Etwa hundert Berliner sind gekommen, die nicht aus Berlin sind. Um uns herum quasselt es in Sprachen aus aller Herren Länder. Pünktlich um 20:15 Uhr treten Neil Leiter und Margaret Hermant auf die Bühne und interpretieren die Songs ihres 2024er Albums „Mirror Image“. Sie spielen die nicht einfach so, sie experimentieren mit Raum und Klang. Da wird die Bratsche mit der Hartholzstange gestreichelt, die Harfe mit dem Geigenbogen malträtiert und das Klavier an den Hämmerchen gezupft. Alles vom Blatt gespielt, versteht sich. Das dritte Bandmitglied sitzt im Publikum und spielt die elektronischen Sounds ein. Die Akustik ist phänomenal. Vierdimensional und düster. Die Klangmauer steht und will nicht abgerissen werden. Wird sie dann doch. Nach 70 Minuten und einer Zugabe ist das fantastische Konzert vorbei.
Danke, Clémence.
Mitternacht hing die Hose kalt am Bett.
Onkel Rosebud