Von Matthias Bosenick (19.09.2021)
Ein Spätsommernachmittag in einem Kopenhagener Park, gleich bei dem kleinen Café Flindt & Ørsted: Um ihr kommendes Album „Lyst“ und ein vollorchestriertes Konzert am 27. Oktober im Hotel Cecil zu promoten, gibt Jomi Massage, zu anderer Gelegenheit Teil der Indierockband Speaker Bite Me, ein halbstündiges Solokonzert mit E-Gitarre und E-Piano. Legen die Vorabsingles noch die Vermutung nahe, es bei dem Album mit verspieltem Jazz zu tun zu bekommen, verbreitet Jomi live eine minimalistische Intimität. Herrlich chillig. Die Sonne neigt sich dem Horizont, fish are jumping and the cotton is high.
„Livet er lige begyndt“, behauptet Jomi auf der ersten neuen Single, und das verwundert, sang sie auf ihrem Vorgängeralbum „Primitives“ vor acht Jahren noch „A Fake Start Is Life“. Kontraste zu ihrer bisherigen Solodiscografie gibt es zuhauf, inhaltlich, musikalisch und sprachlich: „Lyst“ wird auf Dänisch gehalten und mit seinem jazzigen Grundton verspielter und heller sein als die eher dunklen, indierockigen früheren Alben. Die zweite Single „JaNejMåske“ hat sogar einen fröhlichen Grundton, den Jomi live wiederum herausnimmt.
Was der gewählten Darbietung geschuldet ist: Mit wahlweise E-Gitarre und E-Piano bringt Jomi ihre neuen Lieder dar, und in dieser reduzierten Fassung mit der ausdrucksstarken Stimme bekommen die fröhlichen Anteile eine positiv melancholische Färbung. So ist das Leben eben, nicht nur, wenn es gerade beginnt. In scheidenden Sommer liegt Melancholie, und wenn man hinter der Sängerin auf ihrer schmalen Bühne unter einem Sonnenschirm vor einer Handvoll besetzter Stuhlreihen am Hang einer Parkanlage die Sonne hinter einem riesigen Baum den Hausdächern entgegeneilen sieht, unterstreicht dies die Stimmung nur. Alsbald beginnen die Mücken stellvertretend in der späten Septembersonne zu tanzen.
Nach kaum mehr als einer halben Stunde ist alles gesagt, und es ist gut so. Man kann sich kaum vorstellen, dass man sich gerade inmitten einer lebenshungrigen Millionenstadt befindet, die niemals schläft, so entspannt, wie diese kleine Veranstaltung sich gibt. Mit „A Glorious Summer“ wählte Jomi jedenfalls den richtigen Titel für ihre kleine Show. Das Album kann nur großartig werden.