Von Matthias Bosenick (08.07.2015) / Auch auf Kult-Tour – Der Stadtblog
F.S.K. sind mal eine besondere Band. Musikalisch irgendwo zwischen den ersten Schritten der Neuen Deutschen Welle, wahlweise reduzierten oder ausufernden Rhythmusexperimenten und fetten Tanzmonstern angelegt, lyrisch zwischen Dada, Adoleszentenbefindlichkeit und Kunstgeschichte verortet, in Optik und Erscheinung die vermutlich älteste Schülerband der Welt. Über allem thront ein verschmitzter Humor. Cool? Mitnichten, aber trotzdem geil, denkt man zunächst, und ändert seine Meinung, je länger das Konzert dauert, zu cool und geil. Das ist Kunst, Avantgarde, will in keine Schublade gehören, aber erheblichen Spaß machen. Die zusammengeströmten Menschen auf dem stimmungsvoll illuminierten Hof zwischen Schauspielhaus und Künstlerhaus quittieren frenetisch das Gelingen der Mission.
Das Repertoire des Abends besteht vorrangig aus Stücken aus der Anfangszeit der Band, die 1981 noch ein Quartett war, und dem jüngsten Album „Akt, eine Treppe hinabsteigend“. Neuere Stücke wie „Lady Chatterley“, „Josephine Baker in Paris“, „Erykah sagt“, „Gypsy Rose Lee und ihre Freunde“ oder „Äpfel, Birnen“ charakterisiert das Stoische: Der Rhythmus ändert sich kaum, das Schlagzeug pluckert vor sich hin, ab und zu angereichert durch Fills, die untermalen, dass man es hier doch mit etwas Lebendigem zu tun hat. Manche Stücke ändern ihren Akkord nicht, andere wiederholen unablässig eine Gitarrenfigur. „Nokturn“ vom Vorgänger „Freiwillige Selbstkontrolle“ sowie „Gute Nacht“ und „Master Sound Recording Studios“ weichen davon etwas ab, da integriert die Band Noiseattacken, Schrägheiten. Und von wegen, die Musik aus den genannten Studios sei schöner als die von F.S.K., das ist Blödsinn und wohl reine Gewöhnungssache. Denn F.S.K. wissen sehr wohl, wie schöne Melodien und Harmonien gehen; es nicht permanent zu tun, ist die Kunst.
Am anderen Ende, vor 30 bis 35 Jahren, sang die Band Lieder, die noch hörbar in so etwas wie NDW verhaftet waren, vornehmlich aber deshalb, weil es für das, was F.S.K. machten, damals keinen besseren Begriff gab; darunter fallen im Theaterhof „Was kostet die Welt“, „Move Ahead“ und „Fragen der Philosophie (Völkerball)“, letzteres in einem nach eigener Aussage vermurksten neuen Arrangement als vorletzte Zugabe. Einen Song bezeichnet der Hauptsprecher der Band, Thomas Meinecke, treffend als „No Wave“; damit wird eigentlich klar, was F.S.K. tatsächlich für eine Musikrichtung machen: KDW, Keine Deutsche Welle.
Aus der Zeit zwischen Anfang und Jetztzeit stammen „Euro Trash Girl“, zur Virginia-Zeit der Band in Kooperation mit David Lowery entstanden, und das vom Publikum gefeierte „Flagge verbrennen (Regierung ertränken)“, das zu singen es auch heute noch Anlass gebe, so Meinecke. Dessen Ansagen zeugen von Humor, nicht von brachialem, sondern angenehm nettem. So entschuldigte er sich dafür, dass Namen wie Golo Mann und Ernst Jünger in den Texten auftauchen: „Those were the days“, zuckt er mit den Schultern.
Einzig problematisch bei F.S.K. ist der Gesang: Bis auf Schlagzeuger Carl Oesterhelt tragen alle vier Musiker, also neben den Multiinstrumentalisten Meinecke und Justin Hoffmann auch Gitarrist Wilfried Petzi und Bassistin Michaela Melián, Gesang bei. Der klingt oft sehr amateurhaft, egal von wem. Leicht neben der Spur, sei es der Takt oder die Melodie. Den Gesang von Petzi beschreibt Meinecke einmal als „Seerosengesang“, weil er auf der Musik schwimmt. Interessanterweise verunreinigt dieser Gesang die Musik nicht, der Genuss bleibt unbeeinträchtigt. Es fügt sich zusammen, was ein stimmiges und stimmungsvolles Gesamtbild ergibt. Und es strahlt in Wort und Ton den Humor aus, den die fünf Musiker eben haben: Man muss mit ihnen grinsen, wenn man F.S.K. zuhört. Und: Die Band nimmt es sich heraus, ihren Stücken erst spät überhaupt Stimmen hinzuzufügen; sie sind Mucker, sie wollen spielen, und das tun sie ausgiebig, ausufernd. Tanzfördernd. Man kann nicht stillstehen.
Und das Publikum hört der Band so gern zu, dass es sie zu mehreren Zugaben überzeugt. Man hat etwas wahrhaft Besonderes erlebt, da sind sich die Leute einig. Die Band kann’s selbst kaum fassen, solches Feedback zu bekommen, und bedankt sich nach dem Schlussapplaus und dem Verlassen der Bühne freundlich bei den einzeln vorbeischlendernden Gästen fürs Kommen. Andersrum, ihr fünf!