The The – 1$ One Vote – Cinéola/Earmusic 2023

Von Matthias Bosenick (20.03.2023)

Resteverwertung mit Biss: Zwei ältere Songs veröffentlicht Matt Johnson als The The frisch auf Single, die titelgebende A-Seite neu mit Band eingespielt und die bereits vor Jahren zu Hause allein aufgenommene B-Seite erstmals physisch. Allein das Lick von „1$ One Vote“ ist die Anschaffung dieser Single wert, das geht ins Ohr, klingt wie altvertraut und gleichzeitig frühlingsfrisch, der Song drumherum ist ein lieblicher Poprocksong. „Mrs Mac“ hat zwar weniger Power, aber den gleichen Geist. Ist das schön, seine Stimme wiederzuhören!

Das Riff kriegt man nie wieder aus dem Kopf. Komplett simpel, aber enorm überzeugend eingängig. So geht Rock’n’Roll. Ein Midtempo-Stampfer mit Kopfnickzwang. Zumindest im Refrain, in dem Matt Johnson auch seiner Stimme wieder den jugendlichen Verve mitgibt, mit dem er seit Ende der Siebziger seinen Weltschmerz zum Ausdruck bringt. In den Strophen hält seine Band den Song ruhig, kontemplativ, melodisch, harmonisch, und dann bricht sie wieder los, „One Dollar, one vote!“, mit Groove und Fuzz im Bass, mit Leuten, die seine Botschaft in Musik umwandeln. Und in Gesang, wenn die Leute gegen Schluss den dichten Rockteppich ausrollen, gibt’s was Chor dazu. Ein Hit.

„Mrs Mac“ spielte Johnson wie weiland seine Demos ganz allein ein, sämtliche Instrumente, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Stimmen, und auch wenn dieser Song weniger dynamisch ist als die A-Seite, trägt sie doch einiges an The The in sich, eben die mildere Form, die man von Johnson ja auch kennt, und außerdem den Refrain, den man nach Ablauf der Rille mit sich herumträgt, wenn man nicht nochmal die A-Seite spielt. Nicht so ungewöhnlich für The The also, denn eher andersherum wird es ungewöhnlich: „1$ One Vote“ ist rockiger als üblich.

Den Rock generiert Sänger und Gitarrist Johnson hier mit versierten Leuten. An der Musik arbeitete Gitarrist und Bassist Eric Schermerhorn mit, der in den Neunzigern kurz bei They Might Be Giants mitspielte und für diverse hochkarätige Musiker Platten einzuspielen half. Bei The The war er schon von „Hanky Panky“ bis zum letzten Album „NakedSelf“ involviert, vor 23 Jahren also. Das äußerst dynamische Schlagzeug spielt Earls Harvin, und dessen Beteiligungsliste ist noch länger als die von Schermerhorn. Auch an „NakedSelf“ arbeitete er bereits mit, ist also bei The The ebenfalls kein Neuling. Im Hintergrund singen zudem noch Gitarrist Barrie Cadogan sowie Musikerin Gillian Glover, die zum einen nicht zufällig den Nachnamen eines bekannten Deep-Purple-Musikers trägt und zum anderen ausnehmend freundlich und hilfsbereit die Angelegenheiten des Webshops von Matt Johnson bewältigt.

Den Titelsong trägt Johnson nach eigener Angabe schon länger mit sich herum, fand aber keinen Punkt, um ihn im Studio überzeugend abschließen zu können, bis sich die Welt dorthin drehte, wo sie heute steht, und Johnson darin bedauerlicherweise ausreichend Inspiration fand, um den Song glücklicherweise fertigzustellen. „Mrs Mac“ schrieb Johnson angeblich an seinen ersten Schultagen in den Sechzigern, nahm ihn aber erst 2007 komplett allein auf und veröffentlichte ihn als Download auf der Webseite von The The. Ein Kleinod, das es wert ist, auf Vinyl zu existieren. Für das Cover griff Johnson übrigens abermals auf ein Kunstwerk seines verstorbenen Bruders Andy Dog zurück.